mobiles Menü Institut für Urheber- und Medienrecht

IUM-Symposion

Generative K.I. und das Urheberrecht – Eine komplizierte Beziehung

Programm:

I. Begrüßung und Einführung in das Thema

Prof. Dr. Michael Grünberger, LL.M. (NYU), Direktor des IUM
Prof. Dr. Nadine Klass, LL.M. (Wellington), Co-Direktorin des IUM

II. Urheberrecht als Regulierungsinstrument (generativer) K.I.: Ansätze und Probleme

1. Prof. Dr. Benjamin Raue, Universität Trier
Kreativität im Zeitalter ihrer technischen Reproduzierbarkeit: Generative KI als Herausforderung des Urheberrechts

2. Prof. Dr. Herbert Zech, Humboldt Universität zu Berlin
Schutz trainierter KI vs. Transparenzpflichten – Ein Spannungsverhältnis

3. Prof. Dr. Martin Kretschmer, University of Glasgow: AI-Regulation through Copyright Law
A Perspective from the United Kingdom

III. Die Input-Seite: Generative K.I.-Systeme zwischen systematischen Urheberrechtsverletzungen und gesellschaftlich erwünschten Geschäftsmodellen

1. Prof. Dr. Matthias Leistner, LL.M. (Cambridge), LMU München
Urheberrechtlicher Schutzgegenstand und KI – Input: Wann liegt überhaupt eine urheberrechtliche Nutzung vor?

2. Prof. Dr. Franz Hofmann, LL.M. (Cambridge), Universität FAU Erlangen-Nürnberg
Retten Schranken Geschäftsmodelle generativer KI-Systeme?

3. Dr. Lisa Käde, JBB Rechtsanwält:innen, Berlin
Total Recall: Rekonstruktion von Trainingsdaten aus KI-Modellen und Auswirkungen für das Urheberrecht

IV. Die Output-Seite: Rechtsschutz von K.I.-Erzeugnissen und Rechtsinhaberschaft – Aktuelle Probleme und Praxisberichte

1. Dr. Tobias Holzmüller, Vorstandsvorsitzender GEMA, München
Wie Verwertungsgesellschaften mit KI-Produkten umgehen: Der Weg der GEMA

2. Prof. Dr. Christian Heinze, LL.M. (Cambridge), Universität Heidelberg
Urhebervermutung und die Täuschung über die Werkeigenschaften – Dokumentationspflichten ante portas?

3. JProf. Dr. Katharina Kaesling, TU Dresden
Potentiale und urheberrechtliche Lösungsmöglichkeiten der Mensch-Maschine-Kombinationen

Generative Künstliche Intelligenz (KI) hält Einzug in alle Lebensbereiche: Unter der Verwendung von einfachen bis komplexen Eingaben („prompts“) malen, komponieren, schreiben und übersetzten die Systeme und produzieren dabei Inhalte. Die bekanntesten Beispiele für generative KI sind Sprachmodelle (Large Language Modells) für die Texterzeugung wie GPT 3 und 4 und das darauf basierende ChatGPT von OpenAI, eine KI-basierte Chatbot-Lösung zur erleichterten Generierung von Texten, sowie Bildgeneratoren wie DALL·E (ebnfalls von OpenAI), Midjourney oder Stable Diffusion. Die Produktivität dieser Systeme basiert – stark vereinfacht – darauf, dass sie auf der Grundlage von sehr großen Mengen von Trainingsdaten unter dem Einsatz von fortgeschrittenen Verfahren maschinellen Lernens Muster, Korrelationen und Wahrscheinlichkeiten erkennen, die es dem System ermöglichen, neue, in dieser Form bislang nichtexistierende Inhalte zu erzeugen.
Die Entwicklung und der Einsatz von generativen KI-Systemen werfen vielfältige, gerade auch urheberrechtliche Rechtsfragen auf. Dabei geht es um die „Millionen-Frage des Urheberrechts“ (Maamar, ZUM 2023, 481): Wer partizipiert an der Wertschöpfung durch generative KI? Das es hier um viel geht, zeigt die jüngste Praxis: Die US-Bildagentur Getty Images und ein Künstler*innen-Trio verklagten im Januar 2021 das Entwicklerunternehmen des KI-Bildgenerators „Stable Diffusion“ wegen Urheberrechtsverstößen vor Gerichten in den USA und im Vereinigten Königreich. Die Rechteinhaber*innen werfen der Betreiberin der KI vor, dass die KI ohne die erforderlichen Erlaubnisse Bilder der Agentur bzw. der Künstler*innen kopiere, verarbeite und im Internet zugänglich mache. Im September erhoben die U.S.-amerikanische Authors Guild und mehrere Autor:innen, darunter John Grisham, Jonathan Franzen and Elin Hilderbrand Klage gegen Open AI, mit der Behauptung, dass das Unternehmen ihre KI-Modelle mit Datensätzen trainiert haben, von denen Teile unrechtmäßig aus ihren veröffentlichten Werken entnommen wurden. ChatGPT könne dadurch Bearbeitungen herstellen, wodurch der Markt für die Werke der Autor:innen geschädigt werde. Die Initiative Urheberrecht vertritt in einem im September 2023 vorgelegten Positionspapier zu generativer Künstlicher Intelligenz, dass die Nutzung weitgehend unerlaubt erfolgt und plädiert für eine stärkere Regulierung von generativer KI um insbesondere eine angemessenen Vergütung der Kreativen sicherzustellen.
Der Economist schrieb im März, dass es sich beim Verhältnis von KI und Urheberrecht um ein „rechtliches Minenfeld“ handelt, „mit Auswirkungen, die über die Kreativbranche hinausgehen und alle Unternehmen betreffen, in denen maschinelles Lernen eine Rolle spielt.“ Die Debatte ist im vollen Gang. Wir wollen versuchen, sie zu strukturieren. Ziel der Veranstaltung ist es, die spezifisch urheberrechtlichen Aspekte der Nutzung von generativer KI herauszuarbeiten. Diese zu kennen ist gerade auch für die unterschiedlichen Stakeholder wichtig. Vieles, was zunächst plausibel und einleuchtend erscheint – und zwar sowohl für die Kreativbranche als auch für die KI-Unternehmen –, stellt sich bei genauer rechtsdogmatischer und regulatorischer Analyse als weniger gesichert heraus als ursprünglich angenommen. Wir wollen im Kern drei zentrale Punkte diskutieren:

1. Ist das Urheberrecht ein geeignetes Instrument zur direkten oder indirekten Regulierung von generativer KI? Ist das Urheberrecht, genauer: sind die Ausschließlichkeitsrechte überhaupt für die Herausforderungen gewappnet oder müssen wir stärker auf Vergütungslösungen und kollektive Instrumente der Rechtsdurchsetzung bauen? Welche Rolle können die von den Stakeholdern geforderten und in der Trilogfassung des AI-Acts rudimentär vorgesehen Transparenzpflichten spielen – und wie lässt sich das Spannungsverhältnis zu den berechtigten Schutzinteressen von KI-Betreibern auflösen? Welche Erfahrungen haben Rechtsordnungen gemacht, die Computerschöpfungen bereits kennen und die nicht (mehr) mit den unionsrechtlichen Vorgaben operieren müssen?

2. Wie löst das gegenwärtige Recht die Konfliktfälle auf der Input-Seite von KI? In welchen Fällen liegt eine urheberrechtlich relevante Nutzungshandlung vor? Wir stoßen wieder – wenn auch in anderem Zusammenhang – auf die Frage, wem die „zentrale Rolle“ zukommt – und wer wofür haftet. Welche Rolle spielen die gesetzlichen Nutzungserlaubnisse, insbesondere die §§ 44a, 44b UrhG und die Regelungen zur freien Benutzung und zum Pastiche. Was passiert technisch, wenn ein Modell Trainingsdaten verarbeitet, und wie können Benutzer*innen gegen Urheberrechtsverletzungen des KI-Outputs gesichert werden?

3. Wo liegen überhaupt die aktuellen Herausforderungen des KI-Outputs? Der gemeinsame Output von Mensch/Maschine-Hybriden wirft nicht nur die Frage nach der Inhaberschaft an solchen Erzeugnissen auf. Er kann auch über die Werkeigenschaft als solche täuschen, weil „die erst dadurch entsteht, dass sich eine Person als Urheber ausgibt, die keiner ist, da es keinen gibt“ (Hoeren, MMR 2023, 82). Das wirft die Frage nach der Legitimation und Rechtsfortbildung von § 10 UrhG auf. Ganz besonders intensiv stellen sich die Fragen der Berechtigung für Verwertungsgesellschaften. Bei allen Problemen können Mensch-Maschine-Kollaborationen im Vergleich zu Mensch-Mensch-Kollaborationen aber auch gewinnbringend sein. Aufgabe des Rechts ist es dann, die hier entstehenden Zuordnungsprobleme zu adressieren.

Gemeinsam mit ausgewählten Expert*innen werden wir diese Fragen am 10.11.2023 auf unserer Präsenztagung diskutieren. Wir freuen uns auf Ihr zahlreiches Erscheinen im Herzen von München und laden Sie herzlich ein, in München im Literaturhaus live dabei zu sein!

Wenn Sie die Einladungen des Instituts erhalten möchten, können Sie sich gerne in unseren Verteiler eintragen.

Datum

10.11.2023

Zeit

10:00 Uhr bis 15:00 Uhr

Ort

Literaturhaus München
Salvatorplatz 1
80333 München

Anmeldung

Eine Anmeldung ist erforderlich.
Die Veranstaltung ist kostenlos.