mobiles Menü Institut für Urheber- und Medienrecht


Stellungnahme des Bundesrates

Der Bundesrat hat in seiner 780. Sitzung am 27. September 2002 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zum Gesetzentwurf allgemein

a) Das Anliegen des Gesetzentwurfs, das deutsche Urheberrecht den Erfordernissen der Informationsgesellschaft und der digitalen Technologie anzupassen, wird begrüßt. Die Bestrebungen der Bundesregierung, die Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft fristgerecht umzusetzen, werden unterstützt.

b) Die im Gesetzentwurf vorgeschlagenen Regelungen haben die Interessen und Vorschläge der einzelnen Wirtschaftsgruppen aber offenbar nicht ausreichend berücksichtigt. Hierfür sprechen die zahlreichen Einwendungen und Stellungnahmen der Unternehmen und Verbände aus der Informations- und Medienwirtschaft.

c) Neben neuen digitalen Verwertungsmöglichkeiten müssen auch die entsprechenden Schutz- und Kontrollmöglichkeiten berücksichtigt werden. Regelungen zum Umfang privater Kopien und deren Vergütung bei Anwendung technischer Schutzmaßnahmen fehlen. Der Gesetzentwurf beseitigt die vorhandenen Missbrauchsmöglichkeiten bei der Privatkopie, so z. B. Kopien aus illegalen Quellen, nicht.

d) Unzulänglichkeiten bestehen auch im Bereich der Schutzbestimmungen. Trotz der Vorgaben der o. a. EU-Richtlinie fehlt ein selbständiger Unterlassungsanspruch gegen Vermittler bei Rechtsverletzungen im Internet und damit die Möglichkeit, entsprechende Angebote sperren zu lassen.

e) Aus Klarstellungs- und Verständlichkeitsgründen sollte der „Drei-Stufen-Test“ in den Gesetzentwurf aufgenommen werden. Artikel 5 Abs. 5 der EU-Richtlinie enthält eine Regelung, die dem Drei-Stufen-Test des Artikels 9 der Revidierten Berner Übereinkunft und des Artikels 13 des TRIPS-Abkommens (Übereinkunft über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums) nachgebildet ist. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist der „Drei-Stufen-Test“ entscheidender Maßstab für die Anwendung der einschlägigen Vorschriften des Urheberrechtsgesetzes. Sämtliche Schranken sind an diesem Maßstab zu messen. Ausnahmen, sofern sie vom Urheberrecht zugelassen sind, müssen stets daraufhin überprüft werden, ob der Urheber unangemessen benachteiligt ist.

f) Im Gesetzentwurf ist insgesamt keine klare Linie erkennbar. Es bleibt vielmehr bei der Fortschreibung bestehender Regelungen. Ein Ausgleich der Interessen der betroffenen Branchen und Verbraucher wird nicht erreicht. In Deutschland darf, gerade mit Blick auf die Entwicklungen in der Europäischen Union, keine nachteilige Rechtslage entstehen, die Unternehmen und Verbraucher stärker belastet als in anderen EU-Mitgliedstaaten.

g) Der Bundesrat bittet, die aufgezeigten Einwände im laufenden Gesetzgebungsverfahren zu berücksichtigen und die notwendigen weiteren anstehenden Änderungen des Urheberrechts im Sinne der Informationsgesellschaft möglichst kurzfristig umzusetzen.

2. Zu Artikel 1 Abs. 1 Nr. 14 (§ 52a UrhG)

Der Bundesrat bittet, das Verhältnis von § 52a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG-E (öffentliche Zugänglichmachung und Vervielfältigung eines Werkes zur Veranschaulichung im Unterricht) zu § 53 Abs. 3 Nr. 1 UrhG-E (Vervielfältigung von kleinen Teilen eines Werkes oder eines Werkes von geringem Umfang zum eigenen Gebrauch im Schulunterricht) zu überprüfen.

B e g r ü n d u n g

Beide Schrankenregelungen haben das Ziel, den Interessen der Ausbildung Rechnung zu tragen. Beide greifen, soweit es um die Zulässigkeit des Herstellens von Vervielfältigungsstücken eines Werkes geht, in vergleichbarer Weise in das Recht des Urhebers ein. Das Ausmaß des zulässigen Eingriffs und die Frage der Vergütungspflicht sind jedoch unterschiedlich geregelt. Überzeugende Gründe dafür sind nicht ersichtlich.

§ 52a UrhG-E gestattet es, ein Werk in ein Übertragungsnetz einzuspeisen, es über diesen Weg den Teilnehmern eines Unterrichts öffentlich zugänglich zu machen und von dem so übermittelten Werk Vervielfältigungen herzustellen. Die Zulässigkeit der öffentlichen Zugänglichmachung ist in § 52a Abs. 1 Nr. 1 UrhG-E geregelt. Der mit dem Einspeisen verbundene Vervielfältigungsvorgang (z. B. Einscannen) und die im Anschluss an die Werksübertragung erfolgenden Vervielfältigungen (z. B. Ausdruck auf Papier mit einem Drucker) werden durch § 52a Abs. 2 UrhG-E gestattet.

Aus der Sicht des Urhebers ist der durch § 52a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG-E für zulässig erklärte Gesamtvorgang mit dem durch § 53 Abs. 3 Nr. 1 UrhG-E gestatteten Herstellen von Vervielfältigungsstücken für den Schulunterricht vergleichbar. Soweit es um die Intensität der Nutzung seines Werkes geht, wird es für den Urheber keinen wesentlichen Unterschied bedeuten, ob ein Teil seines Werkes, z. B. eines Buches, in der für eine Schulklasse erforderlichen Anzahl fotokopiert wird (§ 53 Abs. 3 Nr. 1 UrhG-E) oder ob dem Herstellen der Vervielfältigungen (z. B. durch Ausdruck mit einem Drucker) eine Einspeisung des Werkes in ein Übertragungsnetz und eine öffentliche Zugänglichmachung an die Unterrichtsteilnehmer vorangehen (§ 52a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG-E). Bereits die öffentliche Zugänglichmachung eines Werkes nach § 52a Abs. 1 Nr. 1 UrhG-E kommt in ihrer Wirkung der Herstellung von Vervielfältigungen nach § 53 Abs. 3 Nr. 1 UrhG-E gleich, wenn jeder Unterrichtsteilnehmer über einen eigenen Bildschirm verfügt, auf diesem Weg parallele Werkswiedergaben in einer für die Schulklasse erforderlichen Anzahl stattfinden und es daher zur Veranschaulichung im Unterricht einer zusätzlichen Herstellung von Vervielfältigungen nicht bedarf.

Angesichts der Gleichartigkeit der Eingriffe in das Recht des Urhebers fragt sich, weshalb die nach § 52a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG-E erlaubte Nutzung sich auf vollständige Werke erstrecken soll, während § 53 Abs. 3 Nr. 1 UrhG-E nur eine Vervielfältigung von kleinen Teilen eines Werkes, von Werken von geringem Umfang sowie von einzelnen Beiträgen aus Zeitungen oder Zeitschriften gestattet. Gründe, die für eine solch unterschiedliche Regelung des Nutzungsumfangs sprechen, sind nicht erkennbar. In der Praxis kann sich ergeben, dass die Beschränkungen des Vervielfältigens nach § 53 Abs. 3 Nr. 1 UrhG-E über den Umweg einer vorgeschalteten öffentlichen Zugänglichmachung nach § 52a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG-E umgangen werden. Gefördert würde eine solche Entwicklung durch die in § 52a Abs. 3 UrhG-E vorgesehene Vergütungsfreiheit der Werknutzung nach § 52a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG-E.

Würde durch § 52a UrhG-E die öffentliche Zugänglichmachung und Vervielfältigung vollständiger Werke gestattet, stellte sich die Frage, ob nicht dadurch der kommerzielle Absatz von Werken, die speziell für den Unterrichtsgebrauch geschaffen werden (z. B. Schulbuch), übermäßig beeinträchtigt würde. Die Beschreibung des privilegierten Nutzungszwecks in § 52a Abs. 1 Nr. 1 UrhG-E mit „zur Veranschaulichung im Unterricht“ ist wenig trennscharf und einer weiten Interpretation zugänglich. Die Einschränkung in § 52a Abs. 1 und Abs. 2 UrhG-E, wonach die öffentliche Zugänglichmachung und die damit in Zusammenhang stehenden Vervielfältigungen nur in dem durch den privilegierten Zweck gebotenen Umfang erlaubt sind, lässt die Frage offen, ob ein komplettes Werk „auf Vorrat“ in ein Übertragungsnetz eingespeist werden darf, um es danach – ggf. über einen langen Zeitraum hinweg – nach und nach in für eine Veranschaulichung im Unterricht benötigten „Teilstücken“ einer Vielzahl von Unterrichtsgruppen (z. B. den Schulklassen mehrerer Schuljahre) öffentlich zugänglich zu machen und es im Anschluss daran jeweils zu vervielfältigen. Ein solch intensives „Ausschlachten“ eines Werkes könnte im Extremfall dazu führen, dass Schulbuchverlage ihren aus Schülern, Lehrern und der Bildungseinrichtung bestehenden Primärmarkt verlieren, weil jede Schule von jeder neuen Auflage eines Werkes nur noch ein Exemplar zur Einspeisung in das eigene Übertragungsnetz anschafft. Eine urheberrechtliche Schrankenregelung mit derart weit reichender Wirkung müsste sich an Artikel 5 Abs. 5 der Richtlinie und an Artikel 14 Abs. 1 GG messen lassen.

Der Entwurf begründet nicht überzeugend, weshalb Vervielfältigungen, die auf der Grundlage von § 53 Abs. 3 Nr. 1 UrhG-E für den Gebrauch im Schulunterricht hergestellt werden, gemäß den §§ 54 und 54a UrhG vergütungspflichtig sein sollen, während gemäß § 52a Abs. 3 UrhG-E für Vervielfältigungen nach § 52a Abs. 2 UrhG-E zum Zwecke der Veranschaulichung im Unterricht keine Vergütungspflicht bestehen soll. Die Entwurfsbegründung (vgl. S. 20) weist zwar zutreffend darauf hin, dass Vervielfältigungen nach § 52a Abs. 2 UrhG-E mittels Geräten erfolgen, für die gemäß den §§ 54 und 54a Abs. 1 UrhG eine pauschalierte Gerätevergütung zu entrichten ist. Fraglich ist indes bereits, inwieweit diese Vergütung Urhebern zugute kommt, deren Werke nach § 52a Abs. 2 UrhG-E vervielfältigt werden. Denn bei der Verteilung des Vergütungsaufkommens aus den §§ 54 und 54a Abs. 1 UrhG-E durch die Verwertungsgesellschaften werden nur Urheber berücksichtigt, bei deren Werken nach ihrer Art zu erwarten ist, dass eine Vervielfältigung nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG-E erfolgt (vgl. insoweit zu § 54a UrhG Loewenheim, in: Schricker, Urheberrecht, Kommentar, 2. Aufl. 1999, § 54a Rdnr. 4). Diese Erwartung wird umso geringer, je mehr sich die Praxis der Vervielfältigung bei einem bestimmten Werk (z. B. einem Schulbuch) von einer Nutzung nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG-E zu einer Nutzung nach § 52a Abs. 2 UrhG-E verlagert. Bei der Bemessung der Betreiberabgabe nach § 54a Abs. 2 UrhG-E, die für in Schulen betriebene Vervielfältigungsgeräte erhoben wird, werden Vervielfältigungen, die auf der Grundlage von § 52a Abs. 2 UrhG-E erfolgen, nicht berücksichtigt. Das führt zu dem widersprüchlichen Ergebnis, dass die vollständige Vervielfältigung eines Werkes, die nicht nach § 53 Abs. 3 Nr. 1 UrhG-E, sondern nur nach § 52a Abs. 2 UrhG-E zulässig ist, keine Betreiberabgabe auslöst, während eine das Recht des Urhebers weniger einschränkende Vervielfältigung eines kleinen Werkteils nach § 53 Abs. 3 Nr. 1 UrhG-E gemäß § 54a Abs. 2 UrhG vergütungspflichtig ist. Eine etwaige Vergütungsfreiheit der Werknutzung nach § 52a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG-E müsste sich an Artikel 5 Abs. 5 der Richtlinie und an Artikel 14 Abs. 1 GG messen lassen. Die Entwurfsbegründung enthält dazu keine Ausführungen.

3. Zu Artikel 1 Abs. 1 Nr. 15 (§§ 53 ff. UrhG)

a) Der Gesetzentwurf bedarf hinsichtlich der Regelungen zur Vervielfältigung von digitalen Werken zur privaten Nutzung und der Vergütungsregelung für diese Privatkopien (§§ 53 ff. UrhG-E) grundlegender Überarbeitung. Indem der Entwurf die Regelungen für analoge Vervielfältigungen eins zu eins auf digitale Privatkopien überträgt, wird er den Besonderheiten der modernen Informationsgesellschaft nicht gerecht. Die jetzigen Regelungen genügen zudem den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Umsetzung der Richtlinie 2001/29/EG nicht, die eine Differenzierung zwischen analogen und digitalen Kopien vorsieht, um einen gerechten Ausgleich für die Werksnutzung zu gewährleisten (vgl. den 38. Erwägungsgrund, Artikel 5 Abs. 2a und b der Richtlinie). Die Überarbeitung des Gesetzentwurfs ist daher bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist am 22. Dezember 2002 unabdingbar.

b) Der Entwurf ignoriert, dass – anders als bei analogen Kopiertechniken – die digitale Vervielfältigungstechnik die Anfertigung beliebig vieler Kopien in Originalqualität ermöglicht. Es bedarf daher einer spezifischen Regelung des Schutzes der Urheberrechte für diesen Bereich. Das bisherige System der Pauschalabgaben auf Geräte und Kopiermedien vermag für diese erheblich erweiterten Nutzungsmöglichkeiten keine angemessene Kompensation mehr zu bieten. Es lässt außerdem keine gerechte, nutzungsadäquate Belastung der Nutzer von Werken und abgabebelasteten Geräten zu.

c) Eine Pauschalabgabe auf Geräte wie Drucker, Faxgeräte oder Personalcomputer belastet unangemessen Gerätenutzer, die diese nicht bzw. nicht in relevantem Umfang für die Vervielfältigung vergütungspflichtigen Materials verwenden. Abgabehöhen, die teilweise im zweistelligen Prozentbereich des Verkaufspreises eines Gerätes liegen, belasten zudem deutsche Gerätehersteller mit hohem Marktanteil im Inland mehr als die ausländischen Konkurrenten, die lediglich für Importware nach Deutschland eine Abgabe entrichten müssen.

d) Die Novellierung der Regelungen zur Anfertigung digitaler Privatkopien und ihrer Vergütung sollte sich daher an folgenden Eckpunkten orientieren:

aa) gesonderte Regelung der Vervielfältigung auf Papier einerseits und auf beliebigen Trägern andererseits;

bb) Vorrang der individuellen Lizenzierung vor einer Pauschalvergütung;

cc) Unzulässigkeit der digitalen Vervielfältigung durch Dritte zur Eindämmung unentdeckter illegaler Vervielfältigungen; angesichts der weiten Verbreitung von Kopiertechnologien ist diese Einschränkung gerechtfertigt;

dd) Klarstellung, dass Kopien nur zulässig sind, soweit der Nutzer auf das Original oder eine zulässige Kopie berechtigten Zugriff hat, zum Ausschluss von Vervielfältigungen von Raubkopien und

ee) spezifische Vergütungsregelung für digitale Privatkopien:

– Wegfall der Vergütung über die Gerätepauschale, wenn dem Urheber wirksame technische Schutzmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung zur Verfügung stehen, um Doppelzahlungen für die Vervielfältigung (Gerätabgabe und Nutzungslizenz) zu verhindern. Dem genügt § 13 Abs. 4 UrheberrechtswahrnehmungsG-E nicht;

– Abgabe nur auf solche Geräte, die erkennbar und primär zur Vornahme von Vervielfältigungen bestimmt sind;

– angemessenes Verhältnis zwischen Abgabe und Verkaufspreis des Gerätes (z. B. durch prozentuale Deckelung) und

– Gewährleistung ausreichenden Schutzes der Nutzer vor Ausspähung personenbezogener Daten über die individuelle Nutzung von Werken und die Erstellung von Nutzerprofilen.

e) Der Bundesrat sieht in seinen Forderungen keine einseitige Benachteiligung der Nutzer bzw. die Gefährdung des „Wissensstandortes Deutschland“ durch eine Behinderung der Verbreitung von Wissen und Informationen über die modernen Medien. Vielmehr ist er überzeugt, dass sich Verfügbarkeit und Qualität urheberrechtlich geschützter Werke für die Informationsgesellschaft nur gewährleisten lassen, wenn angemessener Urheberschutz und angemessene Vergütung sichergestellt sind.

f) Eine stärker nutzungsabhängige Vergütung bedeutet nicht zuletzt eine gerechtere Beteiligung des individuellen Nutzers. Die individuelle Lizenzierung und Direktvermarktung von Nutzungsrechten ermöglicht zudem die Verringerung der Transaktionskosten für Urheber und Nutzer.

g) Dem Bundesrat ist bewusst, dass im Bereich des „Digital Rights Management“ noch Entwicklungsbedarf besteht, um ausreichende Sicherheit gegen Umgehungen und auch für finanziell schwächere Urheber erschwingliche Systeme zu schaffen. Er hält diesen Bereich aber für ausreichend entwicklungsfähig und fordert die Wirtschaft auf, entsprechende Systeme zu schaffen. Anreize dazu muss der überarbeitete Gesetzentwurf setzen.

4. Zu Artikel 1 Abs. 1 Nr. 22 (§ 69a Abs. 5 UrhG)

In Artikel 1 Abs. 1 Nr. 22 § 69a ist Absatz 5 wie folgt zu fassen:

„(5) Die §§ 95a und 95c finden auf Computerprogramme mit der Einschränkung Anwendung, dass die Rechte aus § 69d Abs. 2 und § 69e Abs. 1 unberührt bleiben.“

B e g r ü n d u n g

Der neu eingefügte § 95a UrhG-E verbietet die Umgehung von technischen Maßnahmen, mit denen der Urheber sein Werk gegen unbefugte Handlungen (z. B. unzulässige Vervielfältigungen) schützt, sowie u. a. die Herstellung und Verbreitung von Umgehungsvorrichtungen. § 95c UrhG-E schützt die zur Rechtewahrnehmung erforderlichen Informationen vor Entfernung und Veränderung. Diese Schutzvorschriften sind jedoch nach dem neuen § 69a Abs. 5 UrhG-E nicht für Computerprogramme anwendbar.

Diese Ausnahme ist sachlich nicht gerechtfertigt, da urheberrechtlich geschützte Software zumindest insoweit gleichen Schutzes bedarf wie andere Werke (z. B. digitale Texte). Der Änderungsvorschlag erklärt daher die Schutzvorschriften auch für Computerprogramme für anwendbar, dies jedoch mit zwei EU-rechtlich gebotenen Einschränkungen: Das Recht des Nutzers zur Anfertigung einer Sicherungskopie des Programms zur Sicherung künftiger Benutzung (§ 69d Abs. 2 UrhG) und zur Dekompilierung (Vervielfältigung eines Programm-Codes oder Übersetzung der Codeform, um die Interoperabilität des Computerprogramms mit anderen Programmen zu ermöglichen – § 69e Abs. 1 UrhG) bleibt gewahrt.

Die Gesetzesbegründung (vgl. Seite 22) geht davon aus, dass die EU-Richtlinie 2001/29/EG (Artikel 1 Abs. 2a) gebiete, Computerprogrammen diesen Schutz zu versagen. Die Erwägungsgründe 47 bis 50 belegen jedoch, dass es der Richtlinie nicht um eine Beschränkung des Schutzes von Vorrichtungen, die Computerprogramme vor unbefugten Handlungen bewahren sollen, geht, sondern vielmehr um deren möglichst weitgehenden Schutz. Grenze dieses Schutzes sollen allerdings die ausschließlich und eng in der Richtlinie 1991/250/EWG über den Rechtsschutz von Computerprogrammen geregelten Rechte des Nutzers sein (vgl. Artikel 5 und 6 der Richtlinie).

Es wäre daher mit den Zielen der Richtlinien 2001/29/ EG und 1991/250/EG nicht vereinbar, Computerprogramme generell vom Schutz der §§ 95a ff. UrhG-E auszunehmen. Der Schutz ist vielmehr nur soweit zu beschränken, wie es zur Gewährleistung der Nutzerrechte zur Anfertigung einer Sicherungskopie und zur Dekompilierung erforderlich ist.

5. Zu Artikel 1 Abs. 1 Nr. 38 (§ 108b Abs. 1 UrhG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren in geeigneter Weise klarzustellen, dass für die Beurteilung des subjektiven Tatbestands sowie der Rechtswidrigkeit allein die in § 108b Abs. 1 Nr. 1, 2 UrhG-E bezeichneten Voraussetzungen sowie die allgemeinen strafrechtlichen Regeln gelten.

B e g r ü n d u n g

Die zu bewehrenden Verbote nach § 95a Abs. 1 und § 95c Abs. 1 und 3 UrhG-E weichen hinsichtlich der subjektiven Erfordernisse von der Strafnorm des § 108b UrhG-E ab und vermischen Vorsatz- und (wohl) Rechtswidrigkeitselemente. So verlangen § 95a Abs. 1 sowie § 95c Abs. 1 und 3 UrhG-E, dass „dem Handelnden … den Umständen nach bekannt sein muss, dass er …“. In § 95c Abs. 1 und 3 UrhG-E wird an „wissentlich unbefugtes“ Handeln angeknüpft. Demgegenüber normiert § 108b Abs. 1 Nr. 1 UrhG-E hinsichtlich der Bezugspunkte des subjektiven Tatbestands ein Absichts-, § 108b Abs. 1 Nr. 2 UrhG-E ein Leichtfertigkeitserfordernis. Der Bundesrat versteht die Regelungen so, dass trotz der in der Strafnorm enthaltenen Bezugnahme auf die Verbotsnormen („entgegen …“) die in den Strafnormen enthaltenen subjektiven Elemente für die strafrechtliche Beurteilung entscheidend sind und nicht die in den jeweiligen Verbotsnormen enthaltenen und dass die Rechtswidrigkeit an den allgemeinen Regeln zu messen ist. Dies sollte in geeigneter Form klar zum Ausdruck gebracht werden.

6. Zu Artikel 1 Abs. 1 Nr. 42 (§ 111 a Abs. 3 UrhG)

In Artikel 1 Abs. 1 Nr. 42 § 111a ist Absatz 3 zu streichen.

B e g r ü n d u n g

Die Durchsetzung der im Urheberrechtsgesetz vorgesehenen Neuregelungen soll unter anderem durch die Einführung von Ordnungswidrigkeitentatbeständen in § 111a Abs. 1 UrhG-E gesichert werden. Für einen dieser neuen Tatbestände wird in § 111a Abs. 3 UrhG-E die „nach § 48 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zuständige Behörde“, d. h. eine Kartellbehörde (Bundeskartellamt oder Landeskartellbehörden), als zuständige Verwaltungsbehörde benannt. Für die Durchsetzung der übrigen bußgeldbewehrten Vorschriften gemäß § 111a UrhG-E ist keine besondere Verwaltungsbehörde benannt. Danach sind für die Verfolgung der übrigen Ordnungswidrigkeitentatbestände gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 2 OWiG die fachlich zuständigen obersten Landesbehörden bzw. die auf Grund landesrechtlicher Verweisung zuständigen Behörden zuständig. Dies wären voraussichtlich nicht die Kartellbehörden.

Dem Gesetzentwurf sind keine Gründe zu entnehmen, weshalb gerade die Kartellbehörden mit der hoheitlichen Durchsetzung der Zugangsrechte nach § 95b UrhG-E betraut werden sollen. Deren Aufgabe ist die Durchsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Das GWB weist keine unmittelbaren inhaltlichen Bezüge zum Urheberrecht auf. Es sind auch keine Argumente ersichtlich, die für die damit verbundene Spaltung der Zuständigkeiten bei der bußgeldbewehrten Durchsetzung des Urheberrechts und seiner Schrankenbestimmungen sprechen. Die Verfolgung aller drei Ordnungswidrigkeitentatbestände nach § 111a Abs. 1 UrhG-E sollte auf Landesebene durch die gleiche fachlich zuständige oberste Landesbehörde bzw. dieser nachgeordneten Behörden erfolgen.

7. Zu Artikel 3 (§ 6 Abs. 1 Satz 2 UKlaG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Satz 2 UKlaG der Ergänzung bedarf.

B e g r ü n d u n g

Auf Grund der vorgeschlagenen Einfügung des § 2a UKlaG-E könnte eine Ergänzung der Regelungen des § 6 Abs. 1 Satz 2 UKlaG über die örtliche Zuständigkeit für Klagen nach diesem Gesetz angebracht sein. Da es sich bei den in § 95b Abs. 1 UrhG-E genannten Bestimmungen nicht um Verbraucherschutzgesetze im Sinne des § 2 UKlaG handelt und bei Klagen nach § 2a UKlaG-E auch keine Verwendung unwirksamer Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Rede steht, fehlt es für Unterlassungsklagen nach § 2a UKlaG-E an einer Auffangregelung für den Fall, dass der Beklagte im Inland weder eine gewerbliche Niederlassung oder einen Wohnsitz noch einen Aufenthaltsort hat. Eine solche Regelung könnte zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes erforderlich sein.

Seitenanfang