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VIERTER ABSCHNITT
Inhalt des Urheberrechts

S. 4. Abschnitt in der konsolidierten Fassung.

1. Allgemeines

Zu § 11

Die Bestimmung umschreibt allgemein den Inhalt des Urheberrechts und bringt zum Ausdruck, daß das Urheberrecht sowohl dem Schutz der ideellen als auch der materiellen Interessen des Urhebers dient. Beide Seiten des Urheberrechts - das Persönlichkeitsrecht und das Vermögensrecht (Verwertungsrechte) - bilden eine untrennbare Einheit und sind vielfältig miteinander verflochten. So ist z. B. die Verwertung eines unveröffentlichten Werkes ohne gleichzeitige Ausübung des Veröffentlichungsrechts nicht möglich und die Nutzungsrechte bleiben auch nach ihrer Einräumung an Dritte weiterhin dem beim Urheber verbliebenen Persönlichkeitsrecht unterworfen.

Die einzelnen sich aus dem umfassenden Urheberrecht ergebenden persönlichkeitsrechtlichen und vermögensrechtlichen Befugnisse des Urhebers sind in den folgenden Bestimmungen näher geregelt.

2. Urheberpersönlichkeitsrecht

Der Entwurf beginnt mit der Umschreibung der persönlichkeitsrechtlichen Befugnisse, die stets unlösbar mit der Person des Urhebers verbunden bleiben. Die geltenden Urheberrechtsgesetze enthalten keine allgemeinen Bestimmungen über die der Wahrung persönlicher Interessen dienenden Befugnisse des Urhebers. Sie tragen jedoch bereits dem Gedanken der Schutzbedürftigkeit dieser Interessen durch einzelne Schutzvorschriften zugunsten des Urhebers Rechnung, so z. B. durch das Verbot, den wesentlichen Inhalt eines Werkes der Literatur ohne Zustimmung des Urhebers öffentlich mitzuteilen (§ 11 Abs. 1 Satz 2 LUG), durch die Vorschriften über die Urheberbezeichnung auf Originalen und Kopien von Werken der bildenden Künste (§§ 13, 18 Abs. 3 KUG) und über die Verpflichtung zur Quellenangabe bei einzelnen erlaubten Entlehnungen (§ 18 Abs. 1 Satz 2, § 25 LUG, § 19 Abs. 2 KUG) sowie durch das Verbot, im Falle der Übertragung des Urheberrechts oder im Falle erlaubter Entlehnungen Änderungen am Werk vorzunehmen (§§ 9, 18 Abs. 1 Satz 1, § 24 LUG, §§ 12, 21 KUG). Die herrschende Meinung hat aus diesen Ansatzpunkten schon für das geltende Recht drei allgemeine persönlichkeitsrechtliche Befugnisse des Urhebers abgeleitet: das Veröffentlichungsrecht, das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft und das Recht, Entstellungen und andere die persönlichen Interessen des Urhebers verletzende Beeinträchtigungen des Werkes zu verbieten. Die beiden letzteren Befugnisse sind auch im internationalen Bereich durch Artikel 6bis der Brüsseler Fassung der Berner Übereinkunft als "droit moral" des Urhebers ausdrücklich anerkannt; diese Bestimmung lautet:

"Unabhängig von seinen vermögensrechtlichen Befugnissen und selbst nach deren Abtretung behält der Urheber während seines ganzen Lebens das Recht, die Urheberschaft am Werk für sich in Anspruch zu nehmen und sich jeder Entstellung, Verstümmelung oder sonstigen Änderung dieses Werkes oder jeder anderen Beeinträchtigung des Werkes zu widersetzen, welche seiner Ehre oder seinem Ruf nachteilig sein könnte."

Der Entwurf sieht nunmehr eine ausdrückliche Regelung der drei von Rechtsprechung und Lehre entwickelten persönlichkeitsrechtlichen Befugnisse des Urhebers vor und faßt diese unter der Überschrift "Urheberpersönlichkeitsrecht" in einem besonderen Unterabschnitt zusammen. Es sind Bedenken dagegen erhoben worden, den Begriff "Urheberpersönlichkeitsrecht" als Bezeichnung für die dem Schutz der ideellen Interessen dienenden Befugnisse des Urhebers zu verwenden, aus der Erwägung heraus, daß diese im Gegensatz zu anderen Persönlichkeitsrechten nicht unmittelbar die Person des Urhebers selbst, sondern lediglich seine Beziehungen zu einem außerpersönlichen Gut, dem Werk, schützen. Es kann jedoch keinem Zweifel unterliegen, daß die dem Schutz der ideellen Interessen dienenden Befugnisse des Urhebers, wenn das Urheberrechtsgesetz sie nicht gewähren würde, von der Rechtsprechung aus dem heute anerkannten allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitet werden würden. Das Urheberpersönlichkeitsrecht ist auch insofern echtes Persönlichkeitsrecht, als es grundsätzlich stets untrennbar mit der Person des Urhebers verbunden bleibt. Es ist im Verhältnis zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht in ähnlicher Weise als ein "besonderes" Persönlichkeitsrecht anzusehen wie etwa das Namensrecht nach § 12 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder das Recht am eigenen Bild nach § 22 KUG.

Die Zugehörigkeit des Urheberpersönlichkeitsrechts zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht ändert allerdings nichts an der Notwendigkeit seiner Regelung im Urheberrechtsgesetz, da es zusammen mit den Verwertungsrechten des Urhebers eine untrennbare Einheit bildet. Für den Fall, daß das allgemeine Persönlichkeitsrecht - wie es in dem von der Bundesregierung in der 3. Wahlperiode vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des zivilrechtlichen Persönlichkeits- und Ehrenschutzes (Drucksache des Deutschen Bundestages der 3. Wahlperiode 1237) in Aussicht genommen worden war - umfassend gesetzlich geregelt werden sollte, würde daher das Urheberpersönlichkeitsrecht von einer solchen Regelung auszunehmen sein. Die erwähnte Gesetzesvorlage sah dementsprechend eine Bestimmung vor, nach der das Gesetz auf Tatbestände, die in den Urheberrechtsgesetzen geregelt sind, nicht anzuwenden ist, es sei denn, daß sich eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus besonderen, in den Urheberrechtsgesetzen nicht berücksichtigten Umständen ergibt (Artikel 2 Nr. 1).

Entsprechend der Natur des Urheberrechts als untrennbarer Einheit vermögensrechtlicher und persönlichkeitsrechtlicher Bestandteile, stehen auch die Verwertungsrechte des Urhebers im Banne der persönlichen Beziehung zwischen Urheber und Werk und bleiben dies, auch wenn der Urheber durch Einräumung von Nutzungsrechten über sie verfügt hat. Diese ständige Beziehung zur Person des Urhebers findet in zahlreichen weiteren Bestimmungen des Entwurfs ihren Ausdruck: in erster Linie in der Vorschrift des § 29, nach der das Urheberrecht einschließlich der Verwertungsrechte als Ganzes grundsätzlich unübertragbar ist, ferner z. B. in den Bestimmungen über die Zustimmungsbedürftigkeit einer Weiterübertragung von Nutzungsrechten (§ 34), über das Rückrufsrecht wegen gewandelter Überzeugung (§ 42) und über die Einschränkung der Zwangsvollstreckung in das Urheberrecht (§§ 123 ff.).

Zu § 12 - Veröffentlichungsrecht

Wie schon hervorgehoben, gewähren die geltenden Urheberrechtsgesetze dem Urlieber nicht ausdrücklich das Recht, Zeitpunkt und Art der Veröffentlichung seines Werkes zu bestimmen. Dieses Recht ergibt sich lediglich für die Werke der Literatur und Tonkunst mittelbar aus der Bestimmung in § 11 Abs. 1 Satz 2 LUG, nach welcher der Urheber, solange nicht der wesentliche Inhalt des Werkes öffentlich mitgeteilt ist, ausschließlich zu einer solchen Mitteilung befugt ist. Damit wird dem Urheber auch die Veröffentlichung des ganzen Werkes und die Art dieser Veröffentlichung vorbehalten. Da es sich hierbei um eines der wichtigsten Rechte des Urhebers handelt, sieht Absatz 1 seine ausdrückliche Anerkennung im Gesetz vor, und zwar für alle Werke.

Das Veröffentlichungsrecht ist besonders eng mit den Verwertungsrechten verbunden. Ein Werk kann nur veröffentlicht, d. h. der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden, indem es verbreitet, öffentlich ausgestellt oder öffentlich wiedergegeben, also zugleich verwertet wird. Die Veröffentlichung des Werkes schließt somit stets eine Verwertung des Werkes ein.

Das Veröffentlichungsrecht nach Absatz 1 ist auf das Werk als Ganzes in der ihm vom Urheber gegebenen Gestalt bezogen. Absatz 2 erweitert dieses Recht in der Weise, daß dem Urheber auch die erste öffentliche Mitteilung oder Beschreibung des Inhalts des Werkes vorbehalten ist. Diese Regelung entspricht dem geltenden Recht (§ 11 Abs. 1 Satz 2 LUG).

Zu § 13 - Anerkennung der Urheberschaft

Satz 1 gewährt dem Urheber in Übereinstimmung mit Artikel 6bis der Brüsseler Fassung der Berner Übereinkunft das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft am Werk, das ihm ermöglicht, gegen jeden Klage zu erheben, der seine Urheberschaft bestreitet oder sich selbst die Urheberschaft anmaßt. In den geltenden Urheberrechtsgesetzen ist ein solches Recht nicht vorgesehen.

Satz 2 gibt demgegenüber im wesentlichen den Zustand des geltenden Rechts wieder (vgl. § 13 KUG). Danach kann der Urheber bestimmen, ob auf dem Original oder den Vervielfältigungsstücken des Werkes zum Ausdruck gebracht werden soll, wer es geschaffen hat und ob dies durch Anführung des wahren Namens, eines Decknamens oder eines Künstlerzeichens geschehen soll. Für den Fall des unzulässigen Anbringens der. Urheberbezeichnung sind in § 117 Strafbestimmungen vorgesehen. Ein allgemeines Recht des Urhebers, die Angabe seines Namens bei jeder Nutzung seines Werkes zu verlangen, sieht der Entwurf nicht vor. Der Urheber bedarf eines solchen Rechtes nicht, da er bei der Einräumung von Nutzungsrechten vertraglich vereinbaren kann, ob und in welcher Form bei der Werknutzung sein Name genannt werden soll. Dem Urheber steht es somit frei, auf die Namensangabe wirksam zu verzichten; tut er dies, so bleibt ihm als unveräußerliches Persönlichkeitsrecht nach Satz 1 lediglich vorbehalten, einem Bestreiten seiner Urheberschaft oder einer fremden Urheberschaftsanmaßung entgegenzutreten. Etwas anderes gilt allerdings in den Fällen, in denen eine Nutzung des Werkes nach dein Entwurf ohne Zustimmung des Urhebers zulässig ist, der Urheber also nicht in der Lage ist, die Angabe seines Namens bei der Nutzung vertraglich zu vereinbaren. Für diese Fälle sieht der Entwurf eine besondere Verpflichtung zur Quellenangabe vor (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 2, §§ 63 und 66).

Zu § 14 - Entstellung des Werkes

Die geltenden Urheberechtsgesetze gewähren dem Urheber nicht ausdrücklich das Recht, Entstellungen seines Werkes zu verbieten, doch wird dieses Recht in Anlehnung an Artikel 6bis der Brüsseler Fassung der Berner Übereinkunft von der herrschenden Meinung bereits für das geltende Recht als bestehend anerkannt. Der Entwurf sieht nunmehr ein solches Recht als Teil des Urheberpersönlichkeitsrechts ausdrücklich vor. Das Recht ist wie alle persönlichkeitsrechtlichen Befugnisse unveräußerlich, d. h. der Urheber kann während der ganzen Dauer seines Urheberrechts Entstellungen seines Werkes verbieten, selbst wenn er die Verwertung seines Werkes durch Dritte beschränkt oder unbeschränkt gestattet hat.

Der Entwurf folgt in der Formulierung im wesentlichen Artikel 6bis der Brüsseler Fassung der Berner Übereinkunft, jedoch mit einer Änderung: er stellt darauf ab, daß die Entstellung oder andere Beeinträchtigung des Werkes geeignet sein muß, die berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen des Urhebers am Werk zu gefährden, nicht, wie es in Artikel 6bis heißt, seine Ehre oder seinen Ruf. Hierdurch soll klarer zum Ausdruck gebracht werden, daß nicht an den allgemeinen Persönlichkeitsschutz gedacht ist, sondern an den Schutz des geistigen und persönlichen Bandes, das zwischen dem Urheber und seinem Werk besteht.

Wenn auch das Recht nach § 14 als Teil des Urheberpersönlichkeitsrechts von dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht zu scheiden ist, so steht es diesem doch in seiner generalklauselartigen Weite und Unbestimmtheit wesensmäßig nahe. Im Gegensatz zu den klar umgrenzten Rechten aus den §§ 12 und 13 ist es daher erforderlich, den Umfang des Rechts wie den des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch das Erfordernis einer Interessenabwägung zu begrenzen. Der Entwurf bringt dies dadurch zum Ausdruck, daß nur eine Gefährdung der berechtigten geistigen und persönlichen Interessen des Urhebers am Werk beachtlich sein soll.

Der Anregung, Bearbeitungen eines Werkes nach dem Tode des Urhebers nur zuzulassen, wenn der Urheber sie durch letztwillige Verfügung gestattet hat, folgt der Entwurf nicht. Dadurch würden die Erben des Urhebers in ihrer Verfügung über das Werk zu stark beschränkt werden.

Es ist auch davon abgesehen worden, dem Urheber eines Werkes der bildenden Künste das Recht zu geben, Instandsetzungsarbeiten an seinem Werk selbst vorzunehmen. Soweit bei der Instandsetzung das Werk entstellt wird, kann der Urheber sich nach § 14 wehren. Ihm darüber hinaus nur auf die Gefahr hin, daß sein Persönlichkeitsrecht verletzt werden könnte, besondere Ansprüche zu geben, erscheint nicht erforderlich und könnte in der Praxis zu Schwierigkeiten führen.

Es erscheint weiterhin nicht angebracht, in das Gesetz ein Vernichtungsverbot für Werke der bildenden Künste aufzunehmen, soweit an ihrer Erhaltung ein öffentliches Interesse besteht. Die Erhaltung kulturell wertvoller Kunstwerke ist nicht Aufgabe des privatrechtlichen Urheberrechts, sondern des zum Gebiet des öffentlichen Rechts gehörenden Denkmalschutzes.

3. Verwertungsrechte

Zu § 15 - Allgemeines

Entstanden aus den zum Schutz gegen Nachdruck gewährten Privilegien der Urheber und Verleger hatte das Urheberrecht ursprünglich nur die Aufgabe, die druckschriftliche Verwertung des Werkes zu sichern. Im Laufe der Zeit ist das Verwertungsrecht des Urhebers in immer weiterem Umfang anerkannt worden. Die geltenden deutschen Urheberrechtsgesetze gehen bereits davon aus, dem Urheber grundsätzlich alle Verwertungsmöglichkeiten einzuräumen vorbehaltlich gewisser Einschränkungen, die im Interesse der Allgemeinheit geboten sind. Sie zählen aber die einzelnen Befugnisse des Urhebers nach den bei Erlaß der Gesetze gegebenen Verwertungsmöglichkeiten abschließend auf, so daß sich das Verwertungsrecht des Urhebers darin erschöpfen soll. Diese Regelung hat sich nicht bewährt weil bei der fortschreitenden Entwicklung der Technik neue Verwertungsarten gefunden worden sind, die gerechterweise ebenfalls dem Urheber vorbehalten sein müssen. So erwähnen die geltenden Urheberrechtsgesetze beispielsweise noch nicht das Senderecht. Zwar ist es heute unstreitig, daß dem Urheber auch dieses besonders wichtige Verwertungsrecht zusteht. Die Rechtsprechung hatte jedoch Schwierigkeiten, hierfür eine mit dem System der geltenden Gesetze vereinbare Begründung zu finden. Um diese Schwierigkeiten für die Zukunft zu vermeiden, verzichtet der Entwurf auf eine erschöpfende Aufzählung der Verwertungsrechte und gibt dem Urheber statt dessen ganz allgemein das Recht, sein Werk zu verwerten, wobei die einzelnen zur Zeit bekannten, im Geschäftsverkehr entwickelten Verwertungsformen, wie die Vervielfältigung, die Funksendung usw., nur als Beispiele angeführt werden. Dadurch wird klargestellt, daß auch etwaige künftige Verwertungsformen, die heute noch nicht bekannt sind, dem Urheber vorbehalten sein sollen.

Bei der Zuerkennung eines solchen allgemeinen Verwertungsrechts war allerdings zu berücksichtigen, daß neben den im Sechsten Abschnitt des Ersten Teils des Entwurfs aufgeführten besonderen Schranken des Urheberrechts einige Verwertungsrechte nach herrschender Auffassung bereits ihrem Wesen nach gewissen Einschränkungen unterliegen. So gehört es zum Wesen des Verbreitungsrechts, daß es grundsätzlich nur die Erstverbreitung eines Werkexemplars umfaßt, also nur das Recht, ein Buch, eine Schallplatte oder dergl. erstmals in Verkehr zu bringen; der Weiterverkauf ist frei zulässig. Ferner gilt für die unkörperliche Wiedergabe des Werkes durch Vortrag, Aufführung usw. der allgemeine Grundsatz, daß dem Urheber nur die öffentliche Wiedergabe vorbehalten ist. Soweit der Entwurf die einzelnen im Geschäftsverkehr entwickelten Verwertungsrechte als Bestandteile des allgemeinen Verwertungsrechts ausdrücklich nennt, gibt er daher in den §§ 16 bis 22 zugleich abschließende Begriffsbestimmungen dieser Rechte. Die Abgrenzungen, die sich aus diesen Begriffsbestimmungen ergeben, können nicht unter Berufung auf das allgemeine Verwertungsrecht überschritten werden. Ist also beispielsweise das Ausstellungsrecht in § 18 als das Recht definiert, das Original oder Vervielfältigungsstücke eines unveröffentlichten Werkes der bildenden Künste oder eines unveröffentlichten Lichtbildwerkes öffentlich zur Schau zu stellen, so soll nicht darüber hinaus ein entsprechendes Recht für Werke der Literatur oder der Musik aus § 15 abgeleitet werden können, ebensowenig das Recht, ein bereits veröffentlichtes Werk der bildenden Künste oder Lichtbildwerk öffentlich zur Schau zu stellen.

Die Definitionen der einzelnen Verwertungsrechte in den §§ 16 bis 22 verfolgen zugleich einen weiteren Zweck. Viele Bestimmungen des Entwurfs, die Verwertungsrechte des Urhebers betreffen, insbesondere die Vorschriften über die Schranken des Urheberrechts und gewisse Auslegungsregeln für die Einräumung von Nutzungsrechten beziehen sich nicht auf das allgemeine Verwertungsrecht, sondern haben lediglich einzelne Verwertungsbefugnisse des Urhebers zum Gegenstand. Zweifel über den Wirkungsbereich dieser Vorschriften können nur ausgeschlossen werden, wenn die einzelnen Verwertungsrechte durch erschöpfende Begriffsbestimmungen klar voneinander abgegrenzt werden.

Absatz 1 gewährt dem Urheber allgemein das Recht zur Verwertung seines Werkes in körperlicher Form. Darunter sind alle Verwertungsformen zu verstehen, die unmittelbar das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes (Werkstücke) zum Gegenstand haben. Neben den herkömmlichen, in den geltenden Urheberrechtsgesetzen bereits vorgesehenen Rechten zur Verwertung des Werkes in körperlicher Form, dem Vervielfältigungs- und dem Verbreitungsrecht, führt der Entwurf weiterhin das Ausstellungsrecht an, das der Urheber nach geltendem Recht nicht besitzt. Der Umfang dieser neuen Befugnis ist in § 18 näher umschrieben.

Im Ministerialentwurf von 1959 war vorgeschlagen worden, auch das Verfilmungsrecht als selbständiges Verwertungsrecht des Urhebers mit anzuführen. Die Verfilmung eines Werkes ist jedoch entweder, wenn das Werk unverändert in den Film übernommen wird, eine Vervielfältigung des Werkes und fällt somit bereits unter Absatz 1 Nr. 1 oder sie ist eine besondere Form der Bearbeitung des Werkes, die in § 23 des Entwurfs geregelt ist. Die besondere Erwähnung eines Verfilmungsrechts erscheint daher überflüssig und mit der Systematik des Gesetzes nicht vereinbar. Die Besonderheit, daß - abweichend von dein nach § 23 Abs. 1 für Bearbeitungen sonst geltenden Grundsatz, daß nur die Veröffentlichung und Verwertung der Bearbeitung der Einwilligung des Originalurhebers bedarf - bei einer Bearbeitung des Werkes durch Verfilmung bereits die Herstellung der Bearbeitung nur mit Einwilligung des Urhebers des verfilmten Werkes zulässig ist, ergibt sich aus § 23 Abs. 2. Absatz 2 gewährt dem Urheber das Recht der Verwertung seines Werkes in unkörperlicher Form, die als "Wiedergabe" bezeichnet wird, mit der bereits erwähnten allgemeinen Einschränkung, daß nur die öffentliche Wiedergabe des Werkes ihm vorbehalten ist. Der Begriff "öffentliche Wiedergabe" als Sammelbezeichnung für alle dem Urheber vorbehaltenen unkörperlichen Verwertungsarten wird in zahlreichen Bestimmungen des Entwurfs zur Vereinfachung der Gesetzessprache verwendet (vgl. z. B. § 37 Abs. 3, §§ 53, 73, 81, 106 und 116).

In den Nummern 1 bis 4 zählt der Entwurf die zur Zeit bekannten Sonderformen des Rechts der öffentlichen Wiedergabe auf. Unter dem Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (Absatz 2 Nr. 1) versteht der Entwurf, wie sich aus § 19 ergibt, nur das Recht zur ursprünglichen Wiedergabe des Werkes durch persönliche Darbietung oder - bei der Vorführung - mittels der ursprünglichen, unmittelbar zur Wiedergabe mit technischen Mitteln bestimmten Vervielfältigungsstücke wie Diapositive oder Filmstreifen. Neben dieses Recht der ursprünglichen Wiedergabe treten in den Nummern 2 bis 4 die in den geltenden Urheberrechtsgesetzen im wesentlichen noch nicht berücksichtigten, durch die technische Entwicklung begründeten neuen Wiedergaberechte: das Senderecht, das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger und das Recht derWiedergabe von Funksendungen. Bei den letztgenannten beiden Rechten handelt es sich um sog. Zweitverwertungsrechte, d. h. um Rechte an Verwertungsarten, denen jeweils eine dem Urheber vorbehaltene Werkverwertung bereits voraufgegangen ist: bei der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger die Aufnahme des Werkes auf den Bild- oder Tonträger, bei der Wiedergabe von Funksendungen die Funksendung des Werkes.

Im Ministerialentwurf von 1959 war vorgeschlagen worden, die in der deutschen Rechtssprache neuen Begriffe der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger und der Wiedergabe von Funksendungen zu vermeiden und neben dem Senderecht lediglich ein allgemeines Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht zu gewähren, das auch die Zweitverwertungen mitumfaßt. Eine solche Regelung erscheint jedoch unzweckmäßig. Es widerspricht dem allgemeinen Sprachgebrauch, der Aufführung einer Sinfonie im Konzertsaal ihre Wiedergabe durch Plattenspieler oder Rundfunkgerät gleichzustellen. Auch der Urheber, der über sein Wiedergaberecht verfügt, unterscheidet hierbei regelmäßig zwischen der unmittelbaren und der sekundären Wiedergabe: Für eine öffentliche Aufführung im Konzertsaal ist ein höheres Entgelt zu zahlen als für eine bloße Schallplatten- oder Rundfunkwiedergabe; ferner läßt der Urheber das Bühnenaufführungsrecht an musikdramatischen Werken in der Regel durch seinen Verleger wahrnehmen, während er die Zweitverwertungsrechte der Schallplatten- oder Rundtunkwiedergabe von Aufführungen solcher Werke seiner Verwertungsgesellschaft, der GEMA zur Wahrnehmung überträgt. Vor allem aber erscheint es verfehlt, den stets gleichen Vorgang der Bild- oder Tonträgerwiedergabe und der Rundfunkwiedergabe terminologisch aufzuspalten in Vorträge, Aufführungen oder Vorführungen, je nachdem, ob sich die Wiedergabe auf Sprachwerke, auf Bühnenwerke oder Werke der Musik oder auf Filmwerke bezieht. Dementsprechend gewährt auch die Brüsseler Fassung der Berner Übereinkunft die Zweitverwertungsrechte der Wiedergabe von Funksendungen und der Wiedergabe mittels Bild- oder Tonträger als selbständige einheitliche Rechte neben dem Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (vgl. Artikel 11bis Abs. 1 Nr. 3 und Artikel 13 Abs. 1 Nr. 2 neben Artikel 11 Abs. 1, 11ter und 14 Abs. 1 Nr. 2).

Absatz 3 enthält eine allgemeine Definition des Begriffs der Öffentlichkeit der Wiedergabe eines Werkes, die für alle besonderen Wiedergabearten in gleicher Weise maßgebend ist. Die Begriffsbestimmung folgt im wesentlichen den bereits für das geltende Recht von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen (vgl. zuletzt Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 8. Januar 1960 - I ZR 128/58 - mit weiteren Hinweisen, Anlage 6 [I]). Dem Vorschlag, die Bestimmung des Öffentlichkeitsbegriffs wie bisher ganz der Rechtsprechung zu überlassen, um dieser die Möglichkeit zu geben, ihn den jeweiligen Gegebenheiten besser anzupassen, folgt der Entwurf nicht. Der Begriff der Öffentlichkeit einer Werkwiedergabe hat für die Allgemeinheit besonders große Bedeutung, weil er in zahlreichen Fällen, vor allem bei Musikwiedergaben; die beim Tanzunterricht, bei Betriebsfeiern und bei Vereinsveranstaltungen stattfinden, für die Beurteilung der Frage entscheidend ist, ob die Wiedergabe des Werkes der Erlaubnis des Urhebers bedarf oder erlaubnisfrei und damit vergütungsfrei zulässig ist. Es ist daher wichtig, die Voraussetzungen, unter denen eine Veranstaltung als öffentlich anzusehen ist, jedenfalls in den Grundzügen bereits im Gesetzestext klar zum Ausdruck zu bringen, um so mehr, als sich der Öffentlichkeitsbegriff des Urheberrechts wesentlich von dem im sonstigen Recht, z. B. im Strafrecht, verwendeten Öffentlichkeitsbegriff unterscheidet.

Zu § 16 - Vervielfältigungsrecht

Die Begriffsbestimmung des Vervielfältigungsrechts in Absatz 1 entspricht dem geltenden Recht (§ 15 Abs. 1 LUG, § 17 KUG). Das Vervielfältigungsrecht umfaßt nach dieser Definition die Herstellung jeder Art und Zahl von Vervielfältigungsstücken des Werkes, d. h. von körperlichen Festlegungen, die geeignet sind, das Werk den menschlichen Sinnen auf irgendeine Weise unmittelbar oder mittelbar wahrnehmbar zu machen (Bücher, Noten, Schallplatten und dergl.). Ohne daß es einer besonderen Hervorhebung im Gesetzestext bedarf, unterliegen danach dem Vervielfältigungsrecht auch das Nachbilden eines Kunstwerkes, das Nachbauen eines Werkes der Baukunst und das Ausführen von Plänen und Entwürfen zu solchen Werken (§ 15 Abs. 1 Satz 2 KUG).

Absatz 2 stellt klar, daß die Herstellung von Schallplatten und Tonband- oder Filmaufnahmen eines Werkes ebenso wie Überspielungen eines Werkes von einem Tonband auf ein anderes Tonband Vervielfältigungen und nicht Bearbeitungen des Werkes sind. Hierin liegt, wie bereits zu § 3 ausgeführt, eine Änderung des geltenden Rechts, das in § 2 Abs. 2 LUG die Übertragung eines Werkes auf "Vorrichtungen für Instrumente, die der mechanischen Wiedergabe für das Gehör dienen", einer Bearbeitung des Werkes gleichstellt. Durch diese Regelung sollte besonders im Interesse der Schallplattenindustrie in einfacher Weise der für solche Vorrichtungen als notwendig erkannte Schutz gewährleistet werden. Die Anwendung urheberrechtlicher Vorschriften auf den Schutz des ausübenden Künstlers oder des Herstellers der mechanischen Vorrichtung (durch Lochen, Stanzen usw.) widerspricht jedoch dem Grundsatz, daß der Urheberrechtsschutz nur einer schöpferischen Tätigkeit zukommen kann; denn die Übertragung eines vorhandenen Werkes auf eine mechanische Vorrichtung ist keine schöpferische Leistung, mag sie künstlerisch und technisch noch so vollendet sein. Der Entwurf folgt deshalb nicht der Konstruktion des geltenden Rechts und trägt den Interessen der ausübenden Künstler und der Hersteller von Tonträgern sachgemäßer durch Zubilligung besonderer Leistungsschutzrechte Rechnung (vgl. §§ 83 bis 96).

Absatz 2 enthält zugleich eine allgemeine Definition der Begriffe "Bildträger“ und "Tonträger", auf die an späterer Stelle mehrfach zurückgegriffen wird (vgl. z. B. §§ 21, 54, 64, 85, 95 und 104). Abweichend vom geltenden Recht (§ 2 Abs. 2, § 12 Abs. 2 Nr. 5 LUG) spricht der Entwurf nicht von "Vorrichtungen für Instrumente, die der mechanischen Wiedergabe für das Gehör dienen", sondern legt das Hauptgewicht auf die Eigenschaft der Vorrichtung, Bild- oder Tonfolgen wiederholt wiedergeben zu können, gleichviel, ob dies mit Mitteln der Mechanik im engeren Sinne oder mit Hilfe etwa elektromagnetischer Vorgänge geschieht.

Zu § 17 - Verbreitungsrecht

Nach geltendem Recht (§ 11 Abs.1 Satz,1 LUG, § 15 Abs. 1 Satz 1 KUG) hat der Urheber die ausschließliche Befugnis, "das Werk gewerbsmäßig zu verbreiten". Unter "Verbreiten" ist dabei nach der Entstehungsgeschichte der genannten Vorschriften und nach herrschender Meinung nur die Verbreitung des Werkes in körperlicher Form, d. h. die Verbreitung des Originals oder der Vervielfältigungsstücke des Werkes zu verstehen. Die seinerzeit vom Reichsgericht vertretene Auffassung, daß auch die Rundfunksendung Verbreitung im Sinne des Gesetzes sei, wird heute allgemein abgelehnt. In Übereinstimmung hiermit definiert der Entwurf das Verbreitungsrecht in Absatz 1 als das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen. Für die Rundfunksendung des Werkes ist ein besonderes Verwertungsrecht vorgesehen, vgl. § 20 (Senderecht).

Abweichend vom geltenden Recht soll das Verbreitungsrecht jedoch nicht auf die gewerbsmäßige Verbreitung beschränkt sein; zu einer solchen Beschränkung besteht hier ebensowenig Anlaß wie bei den sonstigen Verwertungsrechten, Desgleichen übernimmt der Entwurf nicht die in § 11 Abs. 1 Satz 1 LUG und § 15 Abs. 1 Satz 1 KUG vorgesehene Einschränkung, daß sich das Recht des Urhebers "nicht auf das Verleihen" erstreckt. Das Verbreitungsrecht soll vielmehr jede Art des Inverkehrbringens von Werkstücken umfassen, auch das Inverkehrbringen durch Leihe oder Miete. Danach bedarf z. B. der sog. Verleih von Notenmaterial oder von Filmkopien ebenso der Einwilligung des Urhebers wie der Verkauf von Büchern.

Sinn des Verbreitungsrechts ist es jedoch nicht, dem Urheber eine bleibende ausschließliche Befugnis zum Handel mit rechtsmäßig in Verkehr gebrachten Vervielfältigungsstücken seines Werkes zu gewähren. In Übereinstsimmung mit der herrschenden Rechtsauffassung soll daher nach Absatz 2 die Weiterverbreitung von Werkstücken, die mit Zustimmung des zur Verbreitung im Geltungsbereich dieses Gesetzes Berechtigten im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht worden sind, ohne Erlaubnis des Urhebers zulässig sein. Das Verbreitungsrecht erlischt nach dieser Regelung nur, wenn die Werkstücke durch Veräußerung rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind; an einem lediglich verliehenen oder vermieteten Werkexemplar bleibt das Verbreitungsrecht voll bestehen. Dies erscheint gerechtfertigt, weil hier der Urheber zu erkennen gegeben hat, daß er die Kontrolle über den Verbleib der Werkstücke behalten will.

In zwei Fällen sieht der Entwurf eine Berechtigung des Urhebers an Werkstücken :auch noch nach Erlöschen des Verbreitungsrechts vor: in § 26 (Folgerecht) einen Beteiligungsanspruch des Urhebers an dem aus der Weiterveräußerung des Originals eines Werkes der bildenden Künste erzielten Erlös und in § 27 (Vermietung von Vervielfältigungsstücken) einen Vergütungsanspruch des Urhebers für eine Vermietung von Vervielfältigungsstücken, die Erwerbszwecken dient.

Zu § 18 - Ausstellungsrecht

§ 18 bestimmt den Begriff des Ausstellungsrechts, das sich sowohl auf Originale als auch auf Vervielfältigungsstücke von unveröffentlichten Werken der bildenden Künste und Lichtbildwerken bezieht.

Es ist vorgeschlagen worden, dem Urheber auch das Recht zur Ausstellung seines bereits veröffentlichten Werkes vorzubehalten. Der Entwurf folgt dieser Anregung nicht. Wenn stets die Zustimmung des Urhebers zur Ausstellung auch veröffentlichter Werke in Schaufenstern oder Ausstellungsräumen eingeholt werden müßte, würde der Kunsthandel erheblich behindert werden, was auch nicht im Interesse der Urheber liegen würde. Außerdem dürften mit der Ausstellung von Werken der bildenden Künste oder Lichtbildwerken kaum nennenswerte Einnahmen zu erzielen sein, so daß den Urhebern ein wesentlicher wirtschaftlicher Vorteil aus der Erweiterung des Ausstellungsrecht nicht erwachsen würde.

Zu § 19 - Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht

Wie schon zu § 15 hervorgehoben, beschränkt der Entwurf - abweichend von der bisher gebräuchlichen deutschen Rechtssprache, jedoch übereinstimmend mit dem allgemeinen Sprachgebrauch und der internationalen Terminologie der Brüsseler Fassung der Berner Übereinkunft - den Begriff des Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrechts auf die unmittelbare Werkwiedergabe, während für die mittelbaren Wiedergaben, d. h. die Wiedergabe eines Vortrags oder einer Aufführung mittels Bild- oder Tonträger und die Wiedergabe von Funksendungen, besondere, sog. Zweitverwertungsrechte vorgesehen sind (vgl. §§ 21 und 22).

Absatz 1 umschreibt dementsprechend das Vortragsrecht als das Recht, ein Sprachwerk durch persönliche Darbietung öffentlich zu Gehör zu bringen. Die Beschränkung des Vortragsrechts auf die akustische Wiedergabe von Sprachwerken und die Zuordnung der akustischen Wiedergabe von Werken der Musik zum Aufführungsrecht (vgl. Absatz 2) entspricht der Terminologie des geltenden Rechts (§ 11 Abs. 3 LUG). Der Entwurf hält jedoch an der in § 11 Abs. 3 LUG vorgesehenen sachlichen Einschränkung des Vortragsrechts, nach der dieses Recht nur besteht, solange das Werk nicht erschienen ist, nicht fest. Zu einer solchen Benachteiligung der Schriftsteller gegenüber den Komponisten, denen das Aufführungsrecht an ihren Werken bereits nach geltendem Recht (§ 11 Abs. 2 LUG) ohne Rücksicht auf das Erscheinen ihrer Werke zusteht, besteht kein ausreichender Grund. Auch die Brüsseler Fassung der Berner Übereinkunft (Artikel 11ter) gewährt den Urhebern von Werken der Literatur ohne Einschränkung das ausschließliche Recht, den öffentlichen Vortrag ihrer Werke zu erlauben.

Im Hinblick darauf, daß der Entwurf den Umfang ,des Vortragsrechts an Sprachwerken und des Aufführungsrechts an Werken der Musik nicht mehr verschieden bemißt, ist der Vorschlag gemacht worden, künftig auch ;die rein akustische Wiedergabe von Werken der Musik als Vortrag zu definieren und den Begriff der Aufführung auf die bühnenmäßige Wiedergabe von Sprachwerken und Werken der Musik zu beschränken. Es ist zuzugeben, daß eine solche neue Begriffsbildung die Systematik des Gesetzes vereinfachen würde und teilweise auch .dem allgemeinen Sprachgebrauch näherkäme (man spricht vom "Vortrag" eines Musikstückes durch den Pianisten o der Sänger, allerdings aber wiederum von der "Aufführung" einer Sinfonie). Das seit 1901 geltende LUG hat jedoch mit seiner Begriffsbestimmung des Aufführungsrechts die Rechtssprache so nachhaltig geprägt, daß ein Abgehen von dieser Terminologie Verwirrung auslösen könnte.

Der Entwurf hält daher in Absatz 2 an der herkömmlichen Definition des Aufführungsrechts fest und bezeichnet als Aufführung sowohl die akustische Wiedergäbe von Werken der Musik als auch die bühnenmäßige Darstellung von Werken aller Art wie dramatischen, dramatisch-musikalischen oder pantomimischen Werken. Entsprechend dem Vortragsrecht ist auch das Aufführungsrecht allgemein auf die unmittelbare Werkwiedergabe durch persönliche Darbietung beschränkt. Wird also z. B. eine Oper durch Fernsehfunk gesendet, so unterliegt die Öffentliche Wiedergabe dieser Sendung durch ein Fernsehgerät nicht dem Aufführungsrecht des Urhebers, sondern seinem Recht der Wiedergabe von Funksendungen nach § 22.

Absatz 3 bringt zum Ausdruck, daß das Vortrags und Aufführungsrecht auch das Recht zur Bildschirm- oder Lautsprecherübertragung des Vortrags oder der Aufführung in einzelne Räume außerhalb der Veranstaltung erfaßt. Ebenso wie der Vortrag oder die Aufführung selbst soll auch eine solche Übertragung, sofern sie öffentlich geschieht, nur mit Erlaubnis des Urhebers zulässig sein; es soll also beispielsweise die in einem Konzertsaal aufgeführte Musik nicht ohne Zustimmung des Urhebers in andere, mit dem Konzertsaal nicht in Verbindung stehende Räume, auf Straßen oder auf Plätze übertragen werden dürfen. Obwohl es sich hier, ähnlich wie bei der Wiedergabe einer Funksendung, an sich auch um eine Art Zweitverwertung der Leistung des Urhebers handelt, sieht der Entwurf davon ab, dem Urheber insoweit neben dem Vortrags- und Aufführungsrecht ein besonderes Verwertungsrecht zu geben. Das Recht der Bildschirm- und Lautsprecherübertragung ist kaum selbständig verwertbar, es ergänzt lediglich das Vortrags- und Aufführungsrecht in der Weise, daß der Urheber, wenn er die Erlaubnis zu einem öffentlichen Vortrag oder einer öffentlichen Aufführung seines Werkes erteilt, hierbei zugleich bestimmen kann, ob und inwieweit der Vortrag oder die Aufführung auch außerhalb der Veranstaltung durch Bildschirm oder Lautsprecher öffentlich übertragen werden darf, und daß er unerlaubte Übertragungen nicht nur als Vertragsverletzungen seinem Vertragspartner, sondern als Verletzungen seines Urheberrechts jedem Dritten verbieten kann. Zur Frage, in welchem Umfang die vertragliche Einräumung eines Nutzungsrechts zur öffentlichen Wiedergabe eines Werkes die Erlaubnis zur Bildschirm- oder Lautsprecherübertragung der Wiedergabe einschließt, ist in § 37 Abs. 3 eine Auslegungsregel vorgesehen.

Die Begriffsbestimmung des Vorführungsrechts in Absatz 4 Satz 1 entspricht im wesentlichen dem geltenden Recht. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 KUG hat der Urheber eines Werkes der bildenden Künste oder eines Lichtbildwerkes das ausschließliche Recht, das Werk "gewerbsmäßig mittels mechanischer oder optischer Einrichtungen vorzuführen". Der Entwurf ersetzt die Worte "mechanische oder optische Einrichtungen" durch "technische Einrichtungen", da neue technische Vorführungsmittel erfunden worden sind (Ampexverfahren), die nicht aIs mechanische oder optische Einrichtungen angesehen werden könnten. Ferner behält der Entwurf dem Urheber nicht mehr die „gewerbsmäßige", sondern die "öffentliche" Vorführung mittels technischer Einrichtungen vor. Dadurch soll ein sachlich nicht gerechtfertigter Unterschied zwischen dem Vortrags- und Aufführungsrecht bei Werkender Literatur und Musik und dem Vorführungsrecht bei Werken der bildenden Künste beseitigt werden. Bei Filmwerken gewährt bereits das geltende Recht (§ 15 a Satz 2 KUG) dem Urheber die ausschließliche Befugnis, das Werk öffentlich vorzuführen.

Der Entwurf hält an der Terminologie fest, auch bei Filmwerken - gleichgültig, ob es sich um Stummfilme oder Tonfilme handelt - von "Vorführung" zu sprechen, weil der Schwerpunkt hier stets in der Wiedergabe der Bildfolge liegt. Auch an Tonfilmen besteht somit lediglich ein Vorführungsrecht, nicht auch ein Vortrags- oder Aufführungsrecht; die zur Herstellung des Filmwerkes benutzten literarischen Vorlagen und die Filmmusik bleiben hier entsprechend der im Entwurf vertretenen Auffassung, daß Filmwerke einheitliche Werke eigener Art sind, unberücksichtigt. Der Entwurf bezeichnet als "Vorführung" ferner die Wiedergabe von Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, die wegen ihrer Verwandtschaft mit den Werken der bildenden Künste und den Lichtbildwerken nicht anders als diese behandelt werden können.

Das Vorführungsrecht gehört nach dem System des Entwurfs wie das Vortrags- und Aufführungsrecht zu den Rechten der unmittelbaren Werkwiedergabe. Die Unmittelbarkeit der Werkwiedergabe ist jedoch bei ihm nicht durch die persönliche Darbietung des Werkes gekennzeichnet - Werke der bildenden Künste oder Lichtbildwerke können nicht persönlich dargeboten werden wie Werke der Literatur und Musik -, sondern durch die (unmittelbare Verwendung der Vervielfältigungsstücke des Werkes zur Wiedergabe. Dem Vorführungsrecht unterfällt daher auch die Wiedergabe eines Filmwerkes, obwohl sie stets mittels Bildträger vorgenommen wird; insoweit gibt es beim Vorführungsrecht keine Zweitwiedergabe. In § 21 ist dies durch die Beschränkung des Rechtes der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger auf Vorträge und Aufführungen des Werkes zum Ausdruck gebracht. Die Wiedergabe von Funksendungen des Filmwerkes (§ 22) läßt sich dagegen als Form der Zweitverwertung von der Vorführung des Filmwerkes unterscheiden. Absatz 4 Satz 2 bestimmt daher, daß das Vorführungsrecht diese Verwertungsart nicht umfaßt.

Zu § 20 - Senderecht

Die geltenden Urheberrechtsgesetze enthalten noch keine Bestimmungen über die Funksendung des Werkes, doch ist bereits durch die Rechtsprechung dem Urheber das ausschließliche Recht auch zu dieser neuen Art der Wiedergabe seiner Werke zugesprochen worden. Auch die Brüsseler Fassung der Berner Übereinkunft (Artikel 11bis Abs. 1) gewährt den Urhebern von Werken der Literatur und der Kunst das Senderecht, das dort umschrieben wird als "das ausschließliche Recht, zu erlauben:

1. die Rundfunksendung ihrer Werke oder die öffentliche Mitteilung der Werke durch irgend ein anderes Mittel, das zur drahtlosen Verbreitung von Zeichen, Tönen oder Bildern dient;

2. jede öffentliche Mitteilung des durch Rundfunk gesendeten Werkes mit oder ohne Draht, wenn diese Mitteilung von einem anderen als dem ursprünglichen Sendeunternehmen vorgenommen wird."

Der Entwurf faßt den Begriff des Senderechts wesentlich straffer zusammen -und bestimmt es als das Recht, das Werk durch Funk wie Ton- und Fernsehrundfunk, Drahtfunk oder ähnliche technische Einrichtungen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Unter "Funk" ist dabei jede Übertragung von Zeichen, Tönen oder Bildern durch elektromagnetische Wellen zu verstehen, die von einer Sendestelle ausgesandt werden und an anderen Orten von elner beliebigen Zahl von Empfangsanlagen aufgefangen und wieder in Zeichen, Töne oder Bilder zurückverwandelt werden können. Abweichend von Artikel 11bis Abs. 1 der Brüsseler Fassung der Berner Übereinkunft stellt der Entwurf den sog. Drahtfunk allgemein der drahtlosen Rundfunksendung gleich, gleichgültig, ob es sich um Erstsendungen oder um Weitersendungen eines bereits gesendeten Werkes handelt, die nach dem Entwurf beide unterschiedslos dem Senderecht unterliegen. Unter "Drahtfunk" ist der Vorgang zu verstehen, daß das Werk- von einer Sendestelle aus einer Mehrzahl von Empfangsanlagen über Drahtleitungen, wie z. B. das Telefonnetz, zugeleitet wird. Das Werk wird hier der Allgemeinheit in ähnlicher Weise zugänglich gemacht wie beim Rundfunk.

Es sind Bedenken dagegen erhoben worden, dem Urheber ein ausschließliches Recht zur Sendung seines Werkes durch Drahtfunk, auch für den Fall zu gewähren, daß der Drahtfunk lediglich das Programm des örtlichen Rundfunksenders übernimmt und nur Personen zugänglich macht, die zugleich Rundfunkteilnehmer sind, also lediglich der technischen Verbesserung des Rundfunkempfangs dient und keinen neuen Hörerkreis eröffnet. Der Anregung, für diesen Fall das Senderecht des Urhebers einzuschränken, folgt der Entwurf nicht. Eine solche Einschränkung des Senderechts wäre mit Artikel 11bis Absatz 1 Nr. 2 der Brüsseler Fassung der Berner Übereinkunft nicht vereinbar. Zwar bindet die Berner Übereinkunft den deutschen Gesetzgeber nur hinsichtlich der verbandsangehörigen ausländischen Urheber. Es erscheint jedoch nicht gerechtfertigt, die deutschen Urheber hier schlechter zu stellen, deren Rechtsschutz auch in allen anderen Fällen den Bestimmungen der Berner Übereinkunft angeglichen ist.

Als Sonderform des Rechts der Öffentlichen Wiedergabe ist auch das Senderecht auf die Befugnis beschränkt, das Werk durch Funk der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ist die Sendung eines Werkes nur zum Empfang einer einzelnen Person oder eines im Sinne von § 15 Abs. 3 begrenzten Personenkreises bestimmt, unterliegt sie somit nicht dem Senderecht.

Zu § 21 - Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger

Die geltenden Urheberrechtsgesetze gewähren dem Urheber kein besonderes Recht der Wiedergabe seines Werkes mittels Bild- oder Tonträger. Nach herrschender Rechtsauffassung wird jedoch die Bild- oder Tonträgerwiedergabe vom Vortrags- und Aufführungsrecht mitumfaßt, d. h. die Wiedergabe eines Sprachwerkes, eines Bühnenwerkes oder eines Werkes der Musik mittels Film oder Schallplatte wird als ein besonderer Vortrag bzw. eine besondere Aufführung angesehen. Der Entwurf hält, wie schon zu § 15 näher ausgeführt, an dieser dem allgemeinen Sprachgebrauch und der internationalen urheberrechtlichen Terminologie widersprechenden Erstreckung des Vortrags- und Aufführungsrechts auf wesensverschiedene Tatbestände nicht fest, sondern verselbständigt das Recht der Wiedergabe des Werkes mittels Bild- oder Tonträger, dessen Umfang in § 21 umschrieben wird.

Nach geltendem Recht (§ 22 a LUG) war die öffentliche Aufführung mit Hilfe von rechtmäßig gestellten Tonträgern frei zulässig. Dadurch sollte im Interesse der Schallplattenindustrie der Absatz von Schallplatten gefördert werden. Diese Regelung hat mit der technischen Verfeinerung der Tonträger und der Wiedergabegeräte in steigendem Maße zu einer unbilligen Benachteiligung der Urheber geführt. Heute kann die mechanische Musik die lebende Musik bereits in vielen Fällen vollkommen ersetzen und wird häufig von den Musikveranstaltern sogar bevorzugt. Mit Rücksicht auf diese Entwicklung hat der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung vom 6. November 1953 (BGHZ 11, S. 135, vgl. Anlage 2 [VI]) die Anwendung des § 22 a LUG schon für das geltende Recht zum größten Teil verneint und das ausschließliche Recht des Urhebers zur öffentlichen Aufführung seines Werkes auch mittels Tonträger insoweit anerkannt, als die Aufführung durch einen Plattenspieler mit Lautsprecher (elektro-akustische Wiedergabe) stattfindet. Nach Artikel 13 Abs. 1 Nr. 2 der Brüsseler Fassung der Berner Übereinkunft genießen die Urheber von Werken der Musik ohne jede Einschränkung das ausschließliche Recht, die öffentliche Aufführung ihrer Werke mittels Vorrichtungen zur mechanischen Wiedergabe zu erlauben. Der Entwurf gibt daher die Regelung des § 22 a LUG auf und gewährt in Satz 1 dem Urheber allgemein das ausschließliche Recht, Vorträge oder Aufführungen seines Werkes mittels Bild- oder Tonträger öffentlich wahrnehmbar zu machen.

Satz 2 erklärt die Bestimmung in § 19 Abs. 3 für entsprechend anwendbar, d. h. das Recht der Bild- und Tonträgerwiedergabe soll ebenso wie das Vortrags- und Aufführungsrecht die Befugnis umfassen, die Wiedergabe außerhalb der Veranstaltung, bei der sie stattfindet, durch Bildschirm, Lautsprecher oder ähnliche technische Einrichtungen öffentlich wahrnehmbar zu machen.

Zu § 22 - Recht der Wiedergabe von Funksendungen

Nach geltendem Recht war die Frage, ob dem Urheber auch die ausschließliche Befugnis zur öffentlichen Wahrnehmbarmachung von Funksendungen seines Werkes vorbehalten sein soll, umstritten. Das Reichsgericht (RGZ 136 S. 377) hatte entschieden, die Zustimmung des Urhebers sei nicht erforderlich, wenn die Sendung seines Werkes durch Lautsprecher öffentlich wiedergegeben werde. Diese Entscheidung entspricht jedoch nicht mehr der heute herrschenden Rechtsauffassung (vgl. Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 31. Mai 1960, BGHZ 33 S. 38, Anlage 10 [II 1]). Auch nach Artikel 11bis Abs. 1 Nr. 3 der Brüsseler Fassung der Berner Übereinkunft hat der Urheber das ausschließliche Recht, die öffentliche Mitteilung des durch Rundfunk gesendeten Werkes durch Lautsprecher oder irgendeine andere ähnliche Vorrichtung zur Übertragung von Zeichen, Tönen oder Bildern zu erlauben.

Der Entwurf gewährt daher in Satz 1 dem Urheber ein entsprechendes Recht, das als Zweitverwertungsrecht ebenso wie das Recht der Bild- und Tonträgerwiedergabe vom Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht zu unterscheiden ist. Satz 2 entspricht der Regelung in § 21 Satz 2.

Zu § 23 - Bearbeitungen und Umgestaltungen

Bereits aus der Regelung in § 3, nach der Bearbeitungen eines Werkes urheberrechtlichen Schutz nur "unbeschadet des Urheberrechts am bearbeiteten Werk" genießen können, ergibt sich, daß Bearbeitungen nicht frei verwertet werden dürfen, sondern hierzu die Einwilligung des Originalurhebers erforderlich ist. Absatz 1 hebt dies in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht (§ 12 LUG, § 15 Abs. 2 KUG) nochmals ausdrücklich hervor, wobei allerdings auf eine Aufzählung der einzelnen Bearbeitungsarten wie Übersetzung, Dramatisierung usw., wie sie in § 12 Abs. 2 LUG vorgesehen ist, verzichtet wird.

Bearbeitungen im eigentlichen Sinne verfolgen stets den Zweck, das Originalwerk bestimmten Verhältnissen anzupassen, es z. B. in eine andere Sprache oder in eine andere Kunstform zu Übertragen oder es für andere Ausdrucksmittel einzurichten. Der Bearbeiter will hierbei die Identität des Originalwerkes unberührt lassen; er will nur dessen Verwertungsmöglichkeiten erweitern. Es gibt jedoch Umarbeitungen eines Werkes, die keine Bearbeitung im eigentlichen Sinne darstellen. Dies ist der Fall, wenn der Verfasser der Umarbeitung nicht das Originalwerk zur Geltung bringen, sondern das Ergebnis seiner Arbeit als eigenes Werk ausgeben will (Plagiat) oder bei dem Versuch, das fremde Werk zu einer neuen selbständigen Schöpfung frei zu benutzen, scheitert, weil er sich von seinem Vorbild nicht genügend frei machen kann. Es besteht keine Veranlassung, solche Umgestaltungen anders zu behandeln als die echten Bearbeitungen. Der Entwurf stellt sie daher den Bearbeitungen gleich, d. h. auch ihre Veröffentlichung und Verwertung soll nur mit Einwilligung des Urhebers des umgestalteten Werkes zulässig sein.

Nach der Regelung in Absatz 1 bedürfen nur die Veröffentlichung und die Verwertung des bearbeiteten oder umgestalteten Werkes der Einwilligung des Originalurhebers, nicht dagegen die Herstellung der Bearbeitung oder Umgestaltung selbst. Es ist vorgeschlagen worden, auch diese bereits grundsätzlich an die Einwilligung des Originalurhebers zu binden und nur diejenigen Bearbeitungen frei zuzulassen, die zum persönlichen Gebrauch oder in der Absicht hergestellt werden, die zur Verwertung der Bearbeitung erforderliche Einwilligung einzuholen. Die Zulässigkeit der Bearbeitung von derartigen subjektiven Voraussetzungen abhängig zu machen, die vielfach schwer festzustellen sind, erscheint jedoch nicht bedenkenfrei. Im Übrigen würde sich die vorgeschlagene Regelung praktisch nur wenig von der des Entwurfs unterscheiden, weil sie gleichfalls darauf abzielt, nur die Verwertung von Bearbeitungen ohne Einwilligung des Urhebers zu unterbinden. Es erscheint daher richtiger, nur auf die Verwertung abzustellen. Die Brüsseler Fassung der Berner Übereinkunft sieht zwar in den Artikeln 8 und 12 vor, daß der Urheber das ausschließliche Recht genießt, Übersetzungen und sonstige Bearbeitungen seines Werkes zu erlauben. Nach verbreiteter Auffassung sind aber auch diese Bestimmungen dahin auszulegen, daß damit lediglich die Verwertung der Übersetzung oder sonstigen Bearbeitung erfaßt werden soll.

In einem Fall erscheint allerdings eine abweichende Regelung geboten, nämlich bei der Verfilmung eines Werkes. Diese spielt sich in der Regel anders als sonstige Bearbeitungen oder Umgestaltungen, eines Werkes nicht im privaten Bereich ab und wird meist bereits in der Absicht der gewerblichen Verwertung vorgenommen. Es wäre auch im Hinblick auf die hohen Herstellungskosten eines Films wirtschaftlich unvernünftig, mit seiner Herstellung zu beginnen, ohne sich zuvor die Einwilligung der Urheber der zur Herstellung benutzten Werke zu sichern. Der Entwurf bestimmt daher in Absatz 2, daß bei einer Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werkes durch Verfilmung bereits die Herstellung der Bearbeitung oder Umgestaltung der Einwilligung des Originalurhebers bedarf.

Zu § 24 - Freie Benutzung

In Übereinstimmung mit dem geltenden Recht (§ 13 LUG, § 16 KUG) sieht der Entwurf vor, daß abweichend von der Regelung in § 23 ein in Anlehnung an ein anderes Werk geschaffenes Werk dann ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht oder verwertet werden darf, wenn es sich von der Vorlage so weit gelöst hat, daß es als eine völlig selbständige Neuschöpfung anzusehen ist (freie Benutzung).

Dieser Grundsatz soll ohne Einschränkung auch für Werke der Musik gelten. Der Entwurf übernimmt nicht die Sonderbestimmung des geltenden Rechts, nach der bei einem Werk der Tonkunst jede Benutzung unzulässig ist, durch welche eine Melodie erkennbar dem Werk entnommen und einer neuen Arbeit zugrunde gelegt wird (§ 13 Abs. 2 LUG). Dieser starre Schutz der Melodie zieht dem musikalischen Schaffen ungerechtfertigt enge Grenzen. Auf dem Gebiet der ernsten Musik werden oft wertvolle selbständige Schöpfungen unter Benutzung fremder Themen geschaffen, wie z. B. Variationen oder Fantasien, deren Verwertung nicht von der Einwilligung des Urhebers der als Anregung benutzten Melodie abhängig sein darf. Die Befürchtung, der Fortfall des Melodienschutzes werde zu einer Ausbeutung von Melodien für Schlager führen, erscheint unbegründet. Bei Werken der leichten Musik steht regelmäßig die Melodie so sehr im Vordergrund, daß im Falle ihrer Entnahme aus einem fremden Werk kaum jemals von einer selbständigen Neuschöpfung gesprochen werden kann, § 24 also ohnehin nicht anwendbar ist.

4. Sonstige Rechte des Urhebers

Der Entwurf faßt in diesem Unterabschnitt drei Rechte des Urhebers zusammen, die weder den rein persönlichkeitsrechtlichen Befugnissen zuzurechnen sind, noch Teile des ausschließlichen Verwertungsrechts nach § 15 darstellen.

Zu § 25 - Zugang zu Werkstücken

In den geltenden Urheberrechtsgesetzen ist keine Bestimmung vorgesehen, die dem Urheber ermöglicht, sich Zugang zu einem Werkstück zu verschaffen, das sich im Besitz eines anderen befindet, wenn er selbst weder das Original noch ein Vervielfältigungsstück- seines Werkes mehr besitzt und aus diesem Grunde an der Verwertung seines Werkes tatsächlich gehindert ist. Der Bundesgerichtshof hat jedoch ein entsprechendes Recht des Urhebers aus dem Persönlichkeitsrecht abgeleitet (Entscheidung vom 26. Oktober 1951 - I ZR 93/51 -, Anlage 1).

Der Entwurf sieht nunmehr eine gesetzliche Regelung des Rechts des Urhebers auf Zugang zu Werkstücken vor, durch die die Interessen des Urhebers und die des Besitzers des Werkstücks angemessen gegeneinander abgegrenzt werden sollen. Danach ist der Besitzer des Originals oder Vervielfältigungsstückes nur verpflichtet, dem Urheber Zugang zu diesem zu gewähren, soweit dies zur Herstellung von Vervielfältigungsstücken oder Bearbeitungen des Werkes erforderlich ist und nicht eigene berechtigte Interessen des Besitzers entgegenstehen (Absatz 1). Der Besitzer kann somit beispielsweise den Zugang verweigern, wenn die Vervielfältigung oder Bearbeitung des Werkes seine berechtigten Interessen verletzen würde, etwa weil es sich um eine nur für ihn persönlich angefertigten Arbeit handelt (Familienbildnis oder dgl.). Ebenso kann der Besitzer verlangen, daß der Urheber bei der Ausübung des Zugangsrechts die erforderliche Rücksicht walten läßt. Absatz 2 stellt klar, daß der Besitzer das Werkstück an den Urheber nicht herauszugeben braucht.

§ 25 verpflichtet den Besitzer eines Originals nicht, es aus Rücksicht auf den Urheber aufzubewahren oder vor Beschädigung oder Vernichtung zu schützen. Der Urheber eines Gemäldes z. B. braucht zwar nach § 14 nicht zu dulden, daß dessen Besitzer es durch Übermalung entstellt; er kann aber nicht verlangen, daß dieser dem Gemälde eine besonders pflegliche Behandlung zuteil werden läßt. Hierzu könnte der Besitzer nur im öffentlichen Interesse - etwa nach den Grundsätzen des Denkmalschutzes - angehalten werden.

Zu § 26 - Folgerecht

Im geltenden Recht ist eine Beteiligung der bildenden Künstler an den aus der Weiterveräußerung ihrer Originalwerke erzielten Verkaufserlösen, wie sie der Entwurf vorschlägt, nicht enthalten. Sinn dieser neuen urheberrechtlichen Befugnis ist es, eine sich aus dem bisherigen Urheberrechtssystem ergebende Benachteiligung der bildenden Künstler auszugleichen. Während Schriftstellern und Komponisten eine steigende Wertschätzung ihrer Werke regelmäßig in Gestalt höherer Verlagshonorare und Aufführungstantiemen zugute kommt, hat der bildende Künstler bisher kaum eine Möglichkeit, an Wertsteigerungen seines Werkes teilzunehmen. Der Wert eines Werkes der bildenden Künste liegt in erster Linie im Original, an dem dem Urheber, wenn er es veräußert hat, nach geltendem Recht eine urheberrechtlichen Befugnisse mehr zustehen.

Der Wunsch, diese ungerecht erscheinende Lücke zu schließen durch einen gesetzlichen Anspruch des bildenden Künstlers gegen den Werkeigentümer auf Beteiligung an dem Gewinn, den dieser im Falle der Wertsteigerung des Werkes bei einer Weiterveräußerung erzielt, ist ein altes Anliegen der Urheber. In einigen ausländischen Staaten, insbesondere in Frankreich, Belgien und Italien, ist er bereits durch gesetzliche Einführung des sog. Folgerechts (droit de suite) verwirklicht worden. Auch die Brüsseler Fassung der Berner Übereinkunft enthält in Artikel 14bis eine Bestimmung über das Folgerecht, zu deren Übernahme die die Verbandsländer allerdings nicht verpflichtet sind.

In Deutschland ist die Einführung des Folgerechts seit Beginn der Arbeiten an der Urheberrechtsreform umstritten. Der Entwurf des Reichsjustizministeriums von 1932 enthielt erstmals eine Bestimmung über das Folgerecht (§ 18, Urheberanteil); die späteren Entwürfe vor 1945 ließen diese Bestimmung jedoch wegen der vielfach gegen sie geäußerten Bedenken wieder fallen. Auch der Referentenentwurf von 1954 verzichtete auf eine Regelung des Folgerechts im Hinblick auf die mit seiner Durchführung verbundenen praktischen Schwierigkeiten, die sich insbesondere daraus ergeben können, daß der Urheber von der Weiterveräußerung seines Werkes nur schwer Kenntnis erlangen kann und ihm im Falle eines mehrfachen Besitzwechsels die Höhe des bei der Weiterveräußerung erzielten Gewinns unbekannt ist. Erst der Ministerialentwurf von 1959 schlug in § 41 wieder die Einführung des Folgerechts vor und versuchte dem neuen Recht eine in der Praxis durchsetzbare Ausgestaltung zu geben:

Dem Urheber sollte ein Beteiligungsanspruch nur bei Weiterveräußerungen seines Werkes im Wege Öffentlicher Versteigerungen zustehen; ferner sollte .der Beteiligungsanspruch grundsätzlich als fester Anteil von 3 vom Hundert des Verkaufspreises gewährt werden ohne Rücksicht auf den vom Veräußerer beim Verkauf gegenüber dem von ihm gezahlten Erwerbspreis erzielten Mehrerlös, mit der Maßgabe, daß der Veräußerer lediglich einredeweise die Zahlung des Urheberanteils sollte verweigern oder mindern können, wenn er nachweist, daß er keinen oder nur einen geringfügigen Mehrerlös erzielt hat.

Die Erörterung der im Ministerialentwurf vorgeschlagenen Regelung hat gezeigt, daß der Grundgedanke des Folgerechts, den bildenden Künstler an der durch Weiterveräußerung realisierten Wertsteigerung seiner Originalwerke zu beteiligen, heute weitgehend als berechtigt anerkannt und dementsprechend überwiegend die Einführung des Folgerechts im neuen Urheberrechtsgesetz befürwortet wird. Allerdings haben sich gegenüber der im Ministerialentwurf vorgeschlagenen Ausgestaltung des Folgerechts wesentliche neue Gesichtspunkte ergeben.

Die Beschränkung des Folgerechts auf Verkäufe in öffentlichen Versteigerungen beruhte auf der Erwägung, daß das Folgerecht nur in dieser engen Begrenzung von den Urhebern oder einer von ihnen zu gründenden Verwertungsgesellschaft ohne fremde Hilfe, insbesondere ohne Mitwirkung und notfalls auch gegen den Widerstand der Kunsthändler durchsetzbar sein würde. Inzwischen haben jedoch die Vertreter des Kunsthandels sich aus Verständnis für die Wünsche der Urheber bereit erklärt, diese bei der Durchsetzung des Folgerechts zu unterstützen. Sie haben selbst vorgeschlagen, das neue Recht auf alle Veräußerungen im geschäftlichen Verkehr zu erstrecken, um eine für das Gefüge des Kunsthandels möglicherweise nachteilige einseitige Belastung der öffentlichen Versteigerungen zu vermeiden. Ist die Mitwirkung des Kunsthandels bei der Einziehung der Urheberbeteiligung gewährleistet, so bestehen gegen eine solche Erweiterung des Folgerechts keine Bedenken; sie ist vielmehr als eine wesentliche Verbesserung, die dem neuen Recht eine größere Breitenwirkung verschafft, nur zu begrüßen. Der Kunsthandel hat jedoch darauf hingewiesen, daß er eine Einziehungshilfe nur dann leisten könne, wenn der Urheberanteil als reine Beteiligung am Verkaufserlös gestaltet, d. h. dem Veräußerer kein Minderungsrecht für den Fall eingeräumt wird, daß er keinen Mehrerlös erzielt hat. Nur auf diese Weise sei es möglich, den Urheberanteil automatisch vom Verkaufserlös zugunsten der Urheber einzubehalten. Die Einführung einer Mehrerlösklausel - gleich welcher Art - kompliziere das Verfahren und habe zur Folge, daß der Kunsthändler im Falle einer Berufung des Veräußerers auf die Mehrerlösklausel dem Urheber dessen Namen nennen müsse, um dem Urheber die - notfalls gerichtliche - Nachprüfung der Anwendbarkeit der Mehrerlösklausel zu ermöglichen; die Preisgabe des Namens des Auftraggebers sei aber mit den Grundsätzen des Kunsthandels, besonders des Versteigerergewerbes, unvereinbar und würde zu einem erheblichen Umsatzrückgang führen, da gerade die Veräußerer von Kunstgegenständen vielfach größten Wert auf Anonymität legten.

Der Entwurf trägt diesen praktischen Gesichtspunkten Rechnung und sieht in Absatz 1 nunmehr vor, daß der Urheberanteil bei jeder Weiterveräußerung des Originals eines Werkes der bildenden Künste im geschäftlichen Verkehr, also bei allen nicht rein privaten Verkäufen, zu entrichten ist, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob ein Mehrerlös erzielt worden ist oder nicht. Um zu verhindern, daß diese wesentliche Erweiterung des Folgerechts zu einer unbillig hohen Belastung des Kunsthandels und der Veräußerer von Kunstwerken führt, ist ferner vorgesehen, daß der Urheberanteil nicht 3, sondern nur 1 vom Hundert des Veräußerungserlöses betragen soll. Bleibt der Veräußerungserlös unter 500 DM, soll der Urheberanteil ganz entfallen.

Nach der Regelung des Entwurfs ist der Urheberanteil auch dann zu zahlen, wenn der Veräußerer keinen Mehrerlös erzielt hat und das Werk des Urhebers vielleicht sogar in seinem Wert gesunken ist. Diese Rechtsfolge widerspricht an sich dem Grundgedanken des Folgerechts als einer Beteiligung des bildenden Künstlers an der Wertsteigerung seines Originalwerkes. Es erscheint jedoch richtiger, diesen Widerspruch in Kauf zu nehmen, als auf die Einführung des Folgerechts wegen der sonst zu großen Schwierigkeiten der praktischen Durchführung ganz zu verzichten. Die Fälle der Wertminderung von Kunstwerken sind im Vergleich zu den Fällen bedeutender Wertsteigerungen selten. Auch in Frankreich und Belgien, den ersten Staaten, die das Folgerecht gesetzlich anerkannten, wird der Urheberanteil als reine Beteiligung am Verkaufserlös gewährt. Das italienische Urheberrechtsgesetz stellt demgegenüber auf den Mehrerlös ab, aber gerade dieses Beispiel zeigt die Problematik einer solchen Regelung: Während in Frankreich und Belgien den Urhebern aus dem Folgerecht beträchtliche Einkünfte zufließen - 1959 beispielsweise waren es in Frankreich rund 200000 DM, in Belgien rund 20000 DM -, hat das Folgerecht in Italien bisher keine Einnahmen gebracht.

Absatz 2 sieht zum Schutz des Urhebers vor, daß im voraus weder auf den Anspruch aus dem Folgerecht verzichtet noch über ihn verfügt werden kann und daß die Anwartschaft auf den Anspruch nicht der Zwangsvollstreckung unterliegt. Absatz 3 nimmt die Werke der Baukunst und der angewandten Kunst vom Folgerecht aus. Die Preise dieser Werke richten sich vielfach nach anderen als künstlerischen Gesichtspunkten; Preissteigerungen beruhen bei ihnen in der Regel nicht auf einer Höherbewertung der schöpferischen Leistung des Urhebers.

Zu § 27 - Vermietung von Vervielfältigungsstücken

Nach § 17 Abs. 2 erlischt das Verbreitungsrecht des Urhebers an dem Original oder an Vervielfältigungsstücken seines Werkes, wenn sie mit Zustimmung des Berechtigten im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht worden sind. Danach unterliegt weder die Weiterveräußerung noch die Vermietung solcher Werkexemplare dem ausschließlichen Recht des Urhebers; beides ist ohne seine Zustimmung zulässig, selbst wenn damit ein Erwerbszweck verfolgt wird. Im geltenden Recht ist dies für das "Verleihen" ausdrücklich ausgesprochen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 LUG, § 15 Abs. 1 Satz 1 KUG), wobei - wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt - in erster Linie an das Vermieten von Vervielfältigungsstücken durch die sog. Leihbüchereien gedacht war. Die Regelung sollte klarstellen, daß der Urheber nicht verlangen kann, an den Einnahmen beteiligt zu werden, die die Leihbüchereien aus dem Vermieten seines Werkes ziehen, was schon damals gefordert worden war. Man wollte nicht in eingelebte Verhältnisse eingreifen; vor allem aber sollte mit Rücksicht auf das allgemeine Interesse an einer Hebung der Volksbildung den ärmeren Bevölkerungsschichten die Benutzung der Leihbüchereien nicht durch eine Verteuerung der Ausleihgebühr erschwert werden.

Die Frage, ob für die Zukunft an dieser Regelung festgehalten oder dem Urheber ein ausschließliches Vermietungsrecht, oder zumindest ein Vergütungsanspruch für die Vermietung von Vervielfältigungsstücken seines Werkes zugebilligt werden soll, ist lebhaft umstritten. Bei den Erörterungen der vom Bundesjustizministerium veröffentlichten Vorentwürfe zum neuen Urheberrechtsgesetz, von denen der Referentenentwurf von 1954 die Beibehaltung des geltenden Rechtszustandes, der Ministerialentwurf von 1959 die Einführung eines Vergütungsanspruchs vorsah, hat sich jedoch gezeigt, daß nach überwiegender Rechtsüberzeugung heute eine angemessene Beteiligung des Urhebers an den Einnahmen der Leihbüchereien und Lesezirkel für billig gehalten wird, entsprechend dem von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Auslegung der Urheberrechtsgesetze entwickelten Grundsatz, daß der Urheber tunlichst angemessen an den wirtschaftlichen Früchten zu beteiligen ist, die aus seinem Werk gezogen werden. Die bisher gegen einen solchen Vergütungsanspruch erhobenen Bedenken erscheinen nicht mehr ausreichend begründet. Zwar wird nach Einführung der Urheberbeteiligung mit einem gewissen Ansteigen der Ausleihgebühren zu rechnen sein, da die betroffenen Leihbüchereien und Lesezirkel den Betrag auf die Ausleihgebühren aufschlagen werden. Diese Verteuerung dürfte jedoch gering sein und in Kauf genommen werden können. Es ist auch zu berücksichtigen, daß die volksbildenden Aufgaben des Buch- und Zeitschriftenverleihs heute in erster Linie durch die erheblich ausgebauten öffentlichen Bibliotheken (Volksbüchereien) wahrgenommen werden. Die gewerblichen Leihbüchereien führen vorwiegend Unterhaltungsliteratur, bei der der Gedanke der Volksbildung nicht so sehr im Vordergrund steht.

Der Entwurf sieht dementsprechend in Abweichung von geltenden Recht vor, daß dem Urheber eine angemessene Vergütung zu gewähren ist, wenn Vervielfältigungsstücke seines Werkes nach Erlöschen des Verbreitungsrechts vermietet werden und die Vermietung Erwerbszwecken des Vermieters dient (Absatz 1). Die Vorschrift bezieht sich auf alle Arten von Vervielfältigungsstücken; vergütungspflichtig ist also nicht nur die Vermietung von Büchern und Zeitschriften, sondern auch die Vermietung von Schallplatten und Noten. Von einer Erstreckung der Vergütungspflicht auf die Vermietung von Originalen, z. B. einer Handschrift oder eines Gemäldes, sieht der Entwurf ab, da eine solche Vermietung kaum vorkommen dürfte.

In Absatz 2 wird klargestellt, daß für die Vermietung von solchen Vervielfältigungsstücken, die mit Zustimmung des Urhebers zum Zwecke der Vermietung hergestellt sind, keine Vergütung zu zahlen ist. Gedacht ist hierbei insbesondere an Bücher, die vorn Urheber nur für Leihbüchereien geschrieben werden und im Buchhandel sonst nicht erhältlich sind, ferner an Filmkopien, die regelmäßig ebenfalls nicht zum Verkauf, sondern nur zum Verleih an die Lichtspielhäuser hergestellt werden. Der Urheber kann in diesen Fällen bereits bei der Einräumung des Nutzungsrechts zur Vervielfältigung und Verbreitung an den Verleger oder Filmproduzenten eine, Vergütung vereinbaren, die das Vermieten als den bestimmungsmäßigen Gebrauch der Vervielfältigungsstücke berücksichtigt. Ferner ist die Vergütungspflicht für das Vermieten von Werken der Baukunst und der angewandten Kunst ausgeschlossen, die in erster Linie ihres Gebrauchszweckes wegen, nicht wegen der in ihnen verkörperten schöpferischen Leistung des Urhebers vermietet werden.

Aus der Beschränkung der Vergütungspflicht auf das Vermieten zu Erwerbszwecken des Vermieters folgt, daß die öffentlichen Bibliotheken von der Vergütungspflicht nicht betroffen werden. Im Hinblick auf den nichtgewerblichen Charakter und die besonderen volksbildenden Aufgaben dieser lnstitute ist ihre Einbeziehung in die Regelung des Entwurfs von den Autoren selbst nicht gefordert worden. Allerdings haben diese den Wunsch geäußert, daß für die Ausleihe in öffentlichen Bibliotheken eine ähnliche Regelung vorgesehen werden möge, wie sie seit mehreren Jahren in Dänemark, Norwegen und Schweden besteht. In diesen Staaten wird auf Grund besonderer gesetzlicher Vorschriften jährlich ein bestimmter Betrag aus Haushaltsmitteln einem Schriftstellerfonds zugewiesen, der zu Zahlungen an die Schriftsteller für die Ausleihe ihrer Werke in staatlich unterstützten Bibliotheken verwandt wird und teilweise auch der Wahrung allgemeiner sozialer und kultureller Belange der Schriftsteller dient. Ob eine solche Regelung auf deutsche Verhältnisse übertragbar ist, kann hier dahinstehen. Sie würde, wie in den skandinavischen Staaten, jedenfalls nicht im Rahmen des Urheberrechtsgesetzes, sondern nur im Wege einer Sondergesetzgebung erfolgen können.

Hinsichtlich der Frage der Berechnung und Einziehung der Vergütung sind gesetzliche Bestimmungen nicht vorgesehen. Bei der Vielzahl der Verpflichteten - es gibt im Bundesgebiet allein etwa 28000 Leihbüchereien - werden die Urheber die Wahrnehmung ihrer Rechte einer Verwertungsgesellschaft übertragen müssen, Dieser kann es überlassen bleiben, mit den Organisationen des Leihbuchhandels und der Lesezirkel die zweckmäßigsten Bedingungen für die Berechnung und Einziehung der Vergütung zu vereinbaren.