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7. Verwandte Schutzrechte

Unter den im Zweiten Teil des Entwurfs behandelten verwandten Schutzrechten versteht der Entwurf Rechte, die nicht wie das Urheberrecht die schöpferische Leistung schützen, sondern Leistungen anderer Art, die der schöpferischen Leistung des Urhebers ähnlich sind oder in Zusammenhang mit den Werken der Urheber erbracht werden. Einzelne dieser verwandten Schutzrechte sind - wenn auch zum Teil unvollkommen - bereits im geltenden Recht berücksichtigt, wie der Lichtbildschutz und der Schutz der ausübenden Künstler. Neu ist der für wissenschaftliche Ausgaben und Ausgaben nachgelassener Werke vorgesehene Schutz sowie der Schutz der Tonträgerhersteller und der Sendeunternehmen.

a) Schutz der wissenschaftlichen Ausgaben (§ 80)

Abweichend vom geltenden Recht sieht der Entwurf für bestimmte wissenschaftliche Ausgaben urheberrechtlich nicht geschützter Werke und Texte (z. B. alter Handschriften, Inschriften und dergl.) einen besonderen Schutz vor, dessen Dauer auf zehn Jahre bemessen ist. Der Entwurf schließt damit eine schon seit langem als unbefriedigend empfundene Lücke der geltenden Gesetze.

b) Schutz der Ausgaben nachgelassener Werke (§ 81)

Nach geltendem Recht erlischt der Urheberrechtsschutz für Werke, die nach Ablauf der normalen Schutzfrist von fünfzig Jahren nach dem Tode des Urhebers veröffentlicht werden, erst zehn Jahre nach der Veröffentlichung. Diese Regelung, die den Erben des Urhebers ein verlängertes Schutzrecht gewährt, hat sich wegen der oft bestehenden Schwierigkeit, die Erben des Urhebers zu ermitteln, als unzweckmäßig erwiesen. Der Entwurf ersetzt sie durch ein Leistungsschutzrecht zugunsten desjenigen, der ein bisher nicht erschienenes Werk nach Ablauf der Schutzfrist erscheinen läßt. Das Schutzrecht ist auf die Dauer von zehn Jahren nach dem Erscheinen des Werkes beschränkt.

c) Schutz der Lichtbilder (§ 82)

Nach geltendem Recht genießen die "Werke der Photographie" Urheberrechtsschutz ebenso wie die Werke der bildenden Künste. Der weitaus überwiegende Teil der Lichtbilder stellt jedoch keine schöpferische Leistung dar und kommt somit als Schutzobjekt des Urheberrechts nicht in Betracht. Der Entwurf beschränkt daher den Urheberrechtsschutz auf die als Lichtbildwerke bezeichneten schöpferischen Lichtbilder und gewährt den sonstigen Lichtbildern lediglich ein Leistungsschutzrecht, das allerdings in seinem Umfang dem Urheberrechtsschutz an Lichtbildwerken angeglichen ist. Die Schutzfrist soll für Lichtbildwerke und Lichtbilder wie im geltenden Recht einheitlich 25 Jahre betragen.

d) Schutz des ausübenden Künstlers (§§ 83 bis 94)

Die Darbietung des ausübenden Künstlers, der ein Werk vorträgt oder aufführt, wird im geltenden Recht in der Weise geschützt, daß das Gesetz "die durch einen persönlichen Vortrag bewirkte Übertragung eines Werkes auf Vorrichtungen für Instrumente, die der mechanischen Wiedergabe für das Gehör dienen", einer Bearbeitung des Werkes gleichstellt. Diese systematisch verfehlte und zudem unvollkommene Regelung des Schutzes der ausübenden Künstler wird heute allgemein abgelehnt. Nach dem Entwurf soll statt dessen der ausübende Künstler in Übereinstimmung mit dem Internationalen Abkommen über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen vom 26. Oktober 1961 ein Leistungsschutzrecht erhalten, das zwar in der Systematik an das Urheberrecht angelehnt, in der Sache selbst aber abweichend gestaltet ist.

Der Entwurf unterscheidet zwischen der unmittelbaren Verwertung oder sog. Erstverwertung der Darbietung des ausübenden Künstlers durch Lautsprecherübertragung, Livesendung oder Aufnahme auf Bild- oder Tonträger - z. B. Film, Schallplatte - (§§ 84, 85, 86 Abs. 1) und der mittelbaren Verwertung, der sog. Zeitverwertung, durch Benutzung der Film- oder Schallplattenaufnahmen zur Funksendung oder öffentlichen Wiedergabe (§ 86 Abs. 2, § 87). In den Fällen der unmittelbaren Verwertung soll der ausübende Künstler ähnlich wie der Urheber ein ausschließliches Recht erhalten, d. h. er soll insoweit jede Verwertung seiner Darbietung, die ohne seine Einwilligung erfolgt, verbieten können. Dagegen gewährt der Entwurf im Falle mittelbarer Verwertung, d. h. der Verwendung von erlaubterweise hergestellten Bild- oder Tonträgern zur Funksendung und öffentlichen Wiedergabe, nur einen Vergütungsanspruch. Würden die ausübenden Künstler, die durch die zunehmende Verwendung der "mechanischen Musik" ihre Arbeitsplätze bedroht sehen, auch in diesen Fällen ein Verbotsrecht erhalten, so bestände die Gefahr, daß sie dieses Recht zu einer Einschränkung der Musikwiedergaben mittels Tonträger benutzen könnten; dadurch aber würden die Urheber in der Auswertung ihrer Werke beeinträchtigt werden.

Die ausübenden Künstler sollen ferner ein dem Urheberpersönlichkeitsrecht nachgebildetes Recht erhalten, Entstellungen ihrer Darbietung zu verbieten. Die Dauer des Leistungsschutzrechts ist auf 25 Jahre bemessen.

e) Schutz des Tonträgerherstellers (§§ 95, 96)

Die mit der Herstellung von Schallplatten verbundene technisch-organisatorische Leistung genießt nach den geltenden Urheberrechtsgesetzen keinen selbständigen Schutz. Um einem unbefugten Nachpressen von Schallplatten entgegentreten zu können, behilft sich die Schallplattenindustrie zur Zeit damit, daß sie sich die Rechte der ausübenden Künstler an Schallplatten abtreten läßt. Auf diese Weise wird aber ein wirksamer Schutz der Tonträgerhersteller nicht immer zu erreichen sein. Der Entwurf sieht daher in Übereinstimmung mit dem Internationalen Abkommen über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen vom 26. Oktober 1961 ein eigenes Leistungsschutzrecht des Tonträgerherstellers vor.

f) Schutz des Sendeunternehmens (§ 97)

Auch zugunsten der Sendeunternehmen ist in Übereinstimmung mit dem Internationalen Abkommen über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen vom 26. Oktober 1961 und dem Europäischen Abkommen zum Schutz von Fernsehsendungen vom 22. Juni 1960 ein Leistungsschutzrecht vorgesehen.

Andere als die bezeichneten Leistungsschutzrechte sind im Entwurf nicht vorgesehen. Insbesondere enthält der Entwurf keine Bestimmungen über den Schutz artistischer Leistungen (Kartentricks, Zauberkunststücke und dergl.) und über den Schutz wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden. Diese Fragen erscheinen für eine gesetzliche Regelung noch nicht reif; auch im Ausland ist diese, soweit bekannt, bisher nicht versucht worden.

Der Entwurf sieht ferner von besonderen Schutzvorschriften für Nachrichten und Titel (Buch- oder Zeitschriftentitel) ab, die in einigen ausländischen Urheberrechtsgesetzen enthalten sind. Der Nachrichten- und Titelschutz ist nach deutscher Rechtsauffassung Aufgabe des Wettbewerbsrechts.

Der Entwurf verzichtet schließlich auf eine Neuregelung des Bildnisschutzes (§§ 22, 23 KUG) und anderer reiner Persönlichkeitsrechte (z. B. Schutz von Briefen). Nachdem der Bundesgerichtshof für das geltende Recht ein allgemeines Persönlichkeitsrecht aus Artikel 1 und 2 des Grundgesetzes abgeleitet hat, erscheint eine Neuregelung einzelner besonderer Persönlichkeitsrechte wenig sinnvoll. In Betracht kommt nur eine Gesamtkodifikation des zivilrechtlichen Persönlichkeitsschutzes, die jedoch wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung für die gesamte Zivilrechtsordnung nicht in ein Sondergesetz wie das Urheberrechtsgesetz gehört, sondern in das Bürgerliche Gesetzbuch einbezogen werden müßte, wie es bereits in dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des zivilrechtlichen Persönlichkeits- und Ehrenschutzes (Drucksache des Deutschen Bundestages der 3. Wahlperiode 1237) vorgeschlagen worden war. Solange allerdings eine Neuregelung des Bildnisschutzes im Rahmen einer solchen Gesamtkodifikation des Persönlichkeitsrechts nicht in Kraft getreten ist, wäre es verfehlt, die geltenden Bestimmungen des KUG über den Bildnisschutz ersatzlos zu streichen. In § 150 Nr. 5 ist daher vorgesehen, daß diese Bestimmungen auch nach Aufhebung des KUG im übrigen ihre Geltung behalten sollen.